Neue Ducati Panigale V4 für 2022
2018 läutete Ducati bei seinen Superbikes mit dem Schritt vom V2- auf den V4-Motor eine neue Zeitrechnung ein. 2020 kam ein erstes Update der Panigale V4. Und jetzt – auf 2022 – schärfen die Roten ihre Primadonna nochmals gehörig nach.
Wir erinnern uns: Anfang 2020 hatte Ducati – zwei Jahre nach Lancierung der Panigale V4 – ein erstes Update ihrer Galionsfigur lanciert. Ziel war dabei eine verbesserte Zugänglichkeit insbesondere für Hobby-Piloten und gleichzeitig ein weniger anstrengendes und damit schnelleres Gesamtpaket für Profis.
Das erste Update von 2020
Hierzu wurde im Wesentlichen das Aerodynamik-Paket der Panigale V4R übernommen mit den zerklüfteten Winglets, der breiteren und via grösserem Windschild höher bauenden Frontverkleidung sowie den beidseits um 38 mm verbreiterten Seitenschalen.
Bei der Geometrie wurden die Gabel vier Millimeter tiefer in die Gabelbrücken eingelassen und gleichzeitig das Heck leicht angehoben. Der somit 5 Prozent höhere Schwerpunkt sollte die vorn durch die Winglets dazugewonnene Stabilität wieder ausgleichen, damit die V4 bei Richtungswechseln nach wie vor agil bleibt.
Für ein besseres Gefühl in der Bremszone wurden vorn weichere Gabelfedern implementiert, die jedoch stärker vorgespannt wurden. Und der von der V4R übernommene, flexiblere Magnesium-Frontrahmen sollte dafür sorgen, dass die Performance auch in Vollschräglage noch gewährleistet ist, wenn die Federelemente an ihre Funktionsgrenzen stossen. Zu guter Letzt erhielten die Traktionskontrolle und der Quickshifter die verfeinerten Entwicklungsstufen «Evo 2».
Dass all diese Updates aus der Panigale V4 tatsächlich ein deutlich zugänglicheres Renneisen formten, konnten wir anlässlich der Pressevorstellung auf dem Bahrain International Circuit klar bestätigen.
Für 2022 geht Borgo Panigale mit der Panigale V4 nun nochmal einen Schritt weiter und optimiert alle relevanten Baugruppen, sprich Aerodynamik, Ergonomie, Motor, Chassis und Elektronik. Als Resultat soll 2022 eine auf dem Track noch schnellere, intuitivere und nochmals zugänglichere Panigale V4 anrollen.
Neues Aerodynamik-Paket
Sofort ins Auge stechen beim 2022er-Modell die neuen Winglets, die – zumal im «Doppeldecker»-Stil ausgeführt – kompakter und eleganter daherkommen. Die Effizient der aerodynamischen Komponenten bleibt dabei unverändert bei einem Abtrieb von 37 Kilo bei 300 km/h. Zu den grossen Heissluft-Extraktoren an den Seitenschalen, die wie Haifischkiemen anmuten, gesellen sich im Unteren Bereich neu je zwei Öffnungsschlitze, über die erneut via Unterdruck Heissluft aus dem Motorraum abgesaugt wird. Speziell im Rennstrecken-Modus soll die Kühlung des V4 so effizienter ausfallen, was eine bessere Performance verspricht.
Ergonomie: breiteres Fahrerspektrum, mehr Track-Performance
Auch die Ergonomie wurde hinsichtlich des Einsatzes auf der Rennstrecke optimiert. Konkret ist die Sitzfläche neu flacher geschnitten und mit einem neuen Material bezogen – beim S-Modell im frechen Zweifarben-Look. Unter dem Strich sollen sich Piloten aller «Grössen und Formen» besser bewegen können, und in der Bremszone soll ein besserer Grip am Allerwertesten vorhanden sein. Der Tank wurde neu geformt, was nicht nur das Volumen um einen Liter steigert, sondern auch das Abstützen mit den Beinen beim Ankern verbessern soll. Sogar die Kontaktfläche zu den Armen soll für ein besseres Abstützen im Hang-off optimiert worden sein.
Motor: Mehr Power und Raffinesse
Des Hubraum des Euro5-konformem Desmosedici Stradale verblieb bei 1103 ccm, die Maximalleistung stieg jedoch um 1,5 auf neu 215,5 PS bei 13’000/min. Zurückzuführen ist das Leistungsplus primär auf die neue Auspuffanlage mit grösseren Auslässen (+ 18%), was den Staudruck reduziert. Neu sind zudem der Ölkreislauf samt Ölpumpe sowie das Getriebe.
Bei Letzterem wurden die erste (um 11,6%), die zweite (5,6%) und die sechste Stufe länger übersetzt. Ducati spricht dabei von einer «Racing-oriented»-Abstufung. Sprich, es soll nun einfacher sein, enge Radien im ersten Gang zu nehmen, mehr von der Motorbremse zu profitieren und energischer herauszubeschleunigen. Zudem soll der neu kalibrierte Quickshifter zwischen der ersten und der zweiten Gangstufe effizienter arbeiten. Der sechste Gang wurde um 1,8% verlängert, was zusammen mit der Mehrleistung einen um 5 km/h höheren Topspeed garantieren soll.
Neu sind vier Motor-Powermodi mit angepasster Logik eingeführt worden: «Full», «High», «Medium» und «Low», wobei die Modi Full und Low neu programmiert wurden. Ersterer soll das sportlichste je in einer Panigale implementierte Kennfeld aufrufen. Er liefert – wie High und Medium – die vollen 215,5 PS, beschneidet die Drehmomentkurve des V4 aber auf keine Weise (ausser im ersten Gang). Die anderen Modi gehen bei Ansprache und Drehmomententfaltung graduell sanfter zur Sache. Einzig der Modus «Low», der für den Strassenbetrieb programmiert wurde, limitiert die Topleistung auf 150 PS und soll eine besonders sanfte Ansprache bieten.
Interessante Randnotiz: Das Originalzubehör umfasst neu eine Titan-Rennauspuffanlage von Akrapovic für Rennstrecken mit restriktiven Lärm-Limits. Der Anlage entweichen maximal 105 dB (mit dB-Killer 102). Die Dämpfer sind ähnlich wie beim MotoGP-Rennern beim Heck untergebracht. 12,5 PS soll die Anlage bringen, was zu einer Topleistung von 228 PS und einem Drehmoment von maximal 131 Nm führt. Inklusive Gewichtsreduktion um 5 Kilo. Apropos Gewicht: dieses beträgt fahrfertig 195,5 Kilo beim S- und drei Kilo mehr beim Basis-Modell mit konventionellem statt semiaktivem Fahrwerk sowie Guss- anstelle der Schmiederäder, die beim S-Modell übrigens mit einem hübschen roten Farbquader verziert sind.
Anti-Squat-Auslegung
Direkt vom Rennsport abgeleitet ist die bei der S verbaute, semiaktive Gasdruckgabel des Typs NPX 25/30 von Öhlins. Sie verfügt über 5 mm mehr Federweg bei einer modifizierten Federrate (9,5 statt 10 N/mm). Das soll weichere Abstimmungen bei sanfteren Ansprache der Baugruppe ermöglichen und beim harten Ankern dennoch ein gutes Feeling liefern. Auch das TTX36-Federbein und der Lenkungsdämpfer – ebenfalls von Öhlins – arbeiten Situations-basiert und greifen auf die Werte der Sechsachsen-IMU zurück. Das Basis-Modell federt bzw. dämpft vorn via Showas Big-Piston-Gabel und hinten mittels Sachs-Federbein. Auch diese Komponenten sind voll einstellbar.
Interessant: Der Schwingendrehpunkt liegt neu 4 mm höher. Ducati verspricht sich dadurch eine Reduktion des Squat-Effekts. Sprich, die Panigale V4 soll beim harten Beschleunigen hinten weniger stark einfedern und so – bei minimierter Wheelie-Tendenz – stabiler aus den Kurven pfeilen.
Elektronik und neue Display-Logik
Nach wie vor sind die übergeordneten Riding-Modes «Race A», «Race B», «Sport» und «Street» aktivierbar. In ihnen sind jeweils entsprechende Settings aller Baugruppen vorprogrammiert. Die Echtzeit-Informationen werden von besagter Sechsachsen-IMU bereitgestellt.
Die Informationen im TFT-Display wurden neu angeordnet, wobei die Display-Modi «Road» und «Track» im Wesentlichen übernommen wurden. Neu ist dagegen der MotoGP-inspirierte «Track Evo»-Screen. Der Tacho wird hier als horizontale Skala oben im Display angezeigt, und die Ganganzeige ist mittig angeordnet. Clever erscheint nun, dass rechts vier Farbfelder aufgeführt sind, wobei jedes einem elektronischen Assistenzsystem zugeordnet ist (Traktions-, Wheelie-, Slide- und Motorbremskontrolle). Interveniert ein System, leuchtet das entsprechende Feld auf, was dem Piloten das Feintuning der jeweiligen Parameter sicher massiv erleichtern wird.
Preise und Verfügbarkeit
Sowohl das Basis- wie auch das S-Modell werden bereits ab Dezember verfügbar sein. 25‘900 Franken sind für die Standard, 31’790 Franken für das S-Modell aufzubringen. Und das Beste zum Schluss: Wir werden die neue Panigale V4S bereits nächste Woche, am 1. Dezember, in Jerez auf der Rennstrecke für euch testen! Den Fahrbericht gibt’s also bereits in wenigen Tagen.
Info: ducati.com