MXGP of Switzerland: Seewer im Pech
Der MXGP of Switzerland ist nicht verlaufen, wie es sich Lokalmatador Jeremy Seewer und die Mehrheit der 28’000 Zuschauer gewünscht hätten. Im Qualirennen und in Rennen 1 prallte der Vizeweltmeister mit einem Konkurrenten zusammen und stürzte. Valentin Guillod war stattdessen der erfolgreichste Schweizer in Frauenfeld.
Der MXGP of Switzerland ist zurück in Frauenfeld. Er wurde wieder zu einem gewaltigen Volksfest mit toller Stimmung. Wichtigster Hauptdarsteller war natürlich der Schweizer Vizeweltmeister Jeremy Seewer (Yamaha). Seewer vor seinem Heimrennen: „Es ist unglaublich! Das ganz Jahr arbeiten wir, um an den Rennen unser Bestes geben zu können. Und das hier vor heimischem Publikum zeigen zu können, ist unglaublich – Es ist ein Traum! Natürlich ist der Druck grösser als sonst, doch ich will die Rennen einfach geniessen und mein Bestes geben.»
Doch bereits am Samstag warf ihn ein Zwischenfall weit zurück: Nach der Bestzeit im Zeittraining stiess Seewer im Qualirennen beim Start mit Teamkollege Maxime Renaux (Yamaha) zusammen und fiel weit zurück.
Bereits wieder auf Position 8 vorgestossen, fiel dem Schweizer in einer tiefen Rille der Gang raus, so dass er kurz zu Boden musste und wieder einige Plätze verlor. Doch Seewer war bei den schwierigen Bedingungen vom Samstag klar der Schnellste im Feld und erreichte das Ziel schliesslich auf Position 6 nur gerade 17 Sekunden hinter Jorge Prado (GasGas), der auch beim dritten Qualirennen der Saison die maximale Punktzahl (10) abräumte. Valentin Guillod (Honda) fuhr mit einer konstanten Leistung auf den 8. Rang.
Seewer war also guter Dinge und hatte definitiv den Speed fürs Podest. Dennoch hatte er sich nicht zwei Siege vorgenommen, sondern einfach ein gutes Rennen zu fahren und ordentlich zu punkten.
Kampf mit krummem Töff
Während Prado in Rennen 1 einen sauberen Start-Ziel-Sieg einfuhr, reihte sich Seewer an sechster Position ein. Bereits nach wenigen Kurven wurde er in der Luft von Calvin Vlaanderen (Yamaha) abgeschossen. Seewer: «Er machte einen Fehler und flog beim Sprung von links nach rechts, und schon lag ich am Boden. Ich hatte das Glück, nicht verletzt zu werden. Doch die Maschine wurde beim Sturz beschädigt. Es war keine Spass, mit einem verbogenen Töff vor heimischem Publikum zu fahren!»
Dennoch kämpfte sich Seewer im 40-köpfigen Feld innert weniger Runden wieder bis auf Rang 20 vor. Dann warf ihn jedoch ein weiterer Sturz wieder weit zurück. Schliesslich reichte es dem Lokalmatador noch zu Rang 20 und einer mageren Ausbeute von einem WM-Pünktchen.
In Rennen 2 war es erneut Prado, der den Holeshot buchte, diesmal wurde er aber noch in der ersten Runde von Renaux auf Rang 2 verwiesen. Später wurde die Abwehr des WM-Leaders auch noch von Romain Febvre (Kawasaki) geknackt.
Seewer hatte sich an sechster Position eingereiht, setzte lange Multichamp Jeffrey Herlings (KTM) unter Druck, fand aber keinen Weg vorbei und musste sich schliesslich mit Rang 5 begnügen. Seewer: «Im zweiten Rennen fühlte ich mich mit den Nachwirkungen des Sturzes von Rennen 1 bereits angeschlagen und völlig ausgelaugt. Das nervt! Ich habe dennoch mein Bestes gegeben. Ich hoffe nur, dass ich mich nun so schnell wie möglich erhole und für Arco di Trentino am kommenden Wochenende wieder bereit bin.»
Guillod: Bester Schweizer
Während Jeremy Seewer in Frauenfeld nicht wunschgemäss kämpfen konnte, trumpfte der Freiburger Valentin Guillod (Honda) grossartig auf. Rang 8 im Zeittraining, Rang 8 im Qualirennen und Rang 7 im ersten Rennen. Und auch in Rennen 2 schlug sich Guillod, der in den letzten zwei Jahren vier Schweizer Meistertitel eingefahren hatte, prächtig: Von Rang 12 kämpfte er sich wacker auf Platz 9 vor. Mit Rang Rang 7 in der MXGP-Wertung war Guillod so gut wie seit 2016 nicht mehr.
«Ich bin überglücklich», strahlte Guillod im Ziel. «Das Wochenende, die Atmosphäre und die Fans waren einfach unglaublich. Das Publikum gab mir extrem viel Energie. Es war fantastisch!»
Brumann: Starker Youngster
Fixstarter Kevin Brumann (Yamaha) ist mit 19 Jahren der jüngste MXGP-Pilot im ganzen Feld. Bereits seit drei Jahren lebt der Aargauer zur optimalen Vorbereitung in Belgien. Auf diese Saison hin ist er in die MXGP-Klasse aufgestiegen, wo er sich bereits prächtig schlägt und das Interesse namhafter Teams auf sich zieht.
In Frauenfeld legte der Youngster einen guten Speed vor, stürzte in Rennen 1 aber zweimal. Mit Position 20 dennoch auf Punktekurs wurde ihm in der letzten Runde fälschlicherweise die blaue Flagge gezeigt. Brumann liess den Verfolger ordnungsgemäss passieren. Allerdings war das kein Fahrer mit Rundenvorsprung, sondern Jeremy Seewer der stattdessen Platz 20 übernahm.
In Rennen 2 reihte sich Brumann sensationell an zehnter Position ein. Er hielt dem Druck namhafter WM-Routiniers stand und klassierte sich nach 35 Minuten schliesslich stark an 14. Position, womit er ein neues Karriere-Bestresultat landete.
Wildcard-Piloten aus der SM
Die Felder waren in Frauenfeld mit Fahrern jeweils absolut voll. Längst nicht alle Schweizer Wildcard-Piloten konnten antreten. So qualifizierte sich beispielsweise Vizemeister Alain Schafer (Honda), der von einer Handverletzung eingebremst wurde, lediglich als Ersatzfahrer, kam aber immerhin in Rennen 2 zum Zug (P 32).
Arnaud Tonus (Yamaha) war sicher der prominenteste Wildcard-Pilot. Beim MXGP of Switzerland 2017 hatte der langjährige MXGP-Stammfahrer gar einen Laufsieg eingefahren. 2023 wird er um den SM-Titel kämpfen. Das Tempo ist er nach einem Jahr Rennpause zwar nicht mehr gewohnt, dennoch konnte er stark auftrumpfen: In Rennen 1 kratze der Genfer zwischenzeitlich an den Top-10 und erreichte das Ziel schliesslich auf dem 13. Platz.
Tonus: «Beim Start war ich etwas zurückgefallen, konnte aber schnell Plätze gut machen. In den letzten Runden wurde es physisch sehr anspruchsvoll. Dennoch konnte ich meine Position fast behalten und habe nur zwei Plätze verloren. Das ist gut für mich, denn ich bin lange nicht mehr auf diesem Niveau gefahren. In Rennen 2 fühlte ich mich sogar noch besser. Doch nach wenigen Runden lief der Motor nicht mehr und das wars.»
Von den übrigen Wildcard-Piloten aus der SM stach Luca Bruggmann (GasGas) besonders heraus. Bei seiner WM-Premiere klassierte sich der in der Schweiz lebende Liechtensteiner im Qualirennen sensationell auf dem 16. Platz. In Rennen 1 verpasste der 28-Jährige seinen ersten WM-Punkt mit Rang 23 nur knapp. In Rennen 2 war er mit Rang 23 gar der absolut stärkste SM-Pilot. In Frauenfeld war er abgesehen von SM-Favorit Tonus der schnellste der Schweizer-Wildcard-Piloten, was auch sein erklärtes Ziel für den MXGP of Switzerland 2023 war.
In zwei Wochen beginnt die Schweizer Meisterschaft in Payerne VD. Wir sind gespannt, wer sich dort ganz vorne einreihen wird.
MXGP of Switzerland in Frauenfeld TG
WM-Stand (nach 3 von 19 MXGPs)
1. Jorge Prado (E), GasGas, 155
2. Jeffrey Herlings )NL), KTM, 134
3. Maxime Renaux (F), Yamaha, 131
4. Romain Febvre (F), Kawasaki, 129
5. Calvin Vlaanderen (NL), Yamaha, 101
6. Ruben Fernandez (E), Honda, 94
7. Glenn Coldenhoff (NL), Yamaha, 90
8. Jeremy Seewer (CH), Yamaha, 79
9. Alberto Forato (I), KTM, 76
10. Mattia Guadagnini (I), GasGas, 76
12. Valentin Guillod (CH), Honda, 54
22. Arnaud Tonus (CH), Yamaha, 8
23. Kevin Brumann (CH), Yamaha, 8