Demonstrationen: Zwei Termine stehen!
Helme auf dem Bundesplatz am 1. August und eine Sternfahrt auf den Gotthardpass am 08. August – der Sturm bricht los: Motorraddemos in der Schweiz. Die ersten Aktionen. Die ersten Reaktionen.
Die Politik nimmt sich Österreich als Beispiel, um gegen die Biker zu schiessen, die Biker nehmen sich jetzt eben Deutschland als Beispiel …
Lasst am 01.August die Helme sprechen – eine pfiffige Idee des Weltumrunders Urs Pedraita alias Grisu Grizzly macht die Runde. Ausserdem rufen verschiedene Gruppen in den sozialen Medien für den 08. August zu einer Motorradprotestaktion auf dem Gotthardpass auf. Die Initialzündung hierfür gab der Motorradclub Fighter Friends.
08.August Protestaktion – Sternfahrt auf den Gotthardpass
„Wir wissen, dass es zur Zeit ein grosses hin und her unter euch Bikern gibt, bezüglich der geplanten Demo auf dem Gotthardpass. Die einen wollen direkt nach Bern, die andere auf den Gotthard. Das können wir auch sehr gut nachvollziehen. Fakt ist: Wir haben auf unseren Antrag zum Korso in Bern eine Absage bekommen, die wir akzeptieren müssen.
Die Mitglieder der Fighter Friends stufen die Dringlichkeit des Handels aber weiterhin sehr hoch ein, deshalb hatten wir uns ja entschlossen, unabhängig von den Planungen für eine noch durchzuführende Grossdemo, dennoch ein Motorradkorso bereits am 8.8.2020 durch Bern zu veranstalten. Dies auch auf Grund der vielen Anfragen wegen eines neuen Termins für die Demo, die täglich bei uns eintrafen.
Damit wollten wir allen Bikern und Bikerinnen die Möglichkeit geben, ihren Unmut über die Diskriminierung der Motorradfahrer zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig wollten wir die Motorradverbände in ihrer politischen Arbeit gegen Fahrverbote, Streckensperrungen und die Aushebelung des Bestandschutzes unterstützen und mit dem Motorradkorso ihren Forderungen Nachdruck verleihen.
Wir dürfen nicht zu einer ungenehmigten Demo aufrufen, da wir uns sonst strafbar machen würden und mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätten, auf welche uns die Behörden auch schon aufmerksam gemacht haben. Wir verfügen auch nicht über die finanziellen Mittel um tausende Franken Busse zu bezahlen.
Ihr seht München als Beispiel und wollt genauso handeln wie unsere deutschen Bikerfreunde. Das verstehen wir. Was ihr aber überseht ist, das die Demo in München genehmigt war und ganz kurzfristig von den Behörden abgesagt wurde. So konnten die Veranstalter argumentieren das viele Biker dieses Verbot nicht mehr erreicht hat und man konnte sie nicht belangen“.
Die Leute wollen gehört werden
Dennoch haben wir nach einer Lösung gesucht damit die Biker Gehör finden. Und damit sie auch entsprechend von den Damen und Herren in Bern wahrgenommen werden, damit sie den sogenannten Schuss vor den Bug begreifen, bedarf es so viele Biker wie möglich auf dem Gotthard.
Wir haben den Gotthard mit Bedacht gewählt , weil er für Kampf und Freiheit der Schweiz ein geschichtsträchtiges Symbol darstellt, was sehr viele auch mit Heimatgefühl und Freiheit verbinden. Und um diese Freiheit geht es.
Unterstützt uns und die Verbände in ihrem Kampf gegen die Diskriminierung der Motorradfahrer, gegen Fahrverbote und Streckensperrungen, gegen Fahrzeugrassismus und die Aushebelung des Bestandschutzes. Kommt alle am 08.08.2020 auf den Gotthardpass“.
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01. August-Protestaktion: Lasst die Helme sprechen
Auch der Töff-Abenteurer und Höhenweltrekord-Fahrer Urs Pedraita alias Grisu Grizzly, der 2018 als erster Mensch während 37 Tagen alleine mit dem Motorrad 15 000 Kilometer quer durch den sibirischen Winter – bei Temperaturen von bis zu minus 38 Grad und die die 24 741 Kilometer der Weltumrundung mit dem Motorrad in gut 16 Tagen schaffte, ruft zu einer pfiffigen Protestaktion auf:
„Mehrmals bin ich während meiner Weltumrunding stolz zur Schweizerflagge
Ich werde am 1. August pünktlich um 08.00 Uhr meinen Sibirien-Helm, in dem ich am 25. Dezember 2013 um Mitternacht auf dem Bundesplatz Bern alleine auf meinem Motorrad nach Wladiwostok losgefahren bin, auf dem Bundesplatz ablegen. Ich werde meine Botschaft an die Regierung auf den Helm niederschreiben
Aus Rücksicht auf die Berner Bevölkerung werde ich mein Motorrad beim Wankdorf parkieren. Anschliessend werde ich den Helm zu Fuss zum Bundesplatz hinbringen, ablegen, eine Schweigeminute abhalten und zurück zu meinem Motorrad spazieren“.
Jeder, der sich ebenfalls mitteilen möchte, findet sicherlich einen alten Helm, schreibt seine Botschaft darauf nieder, steht früh auf, verbringt drei Minuten auf dem Bundesplatz und geht wieder nach Hause (Covid-konform, kein Stau, kein Lärm – aber ein klares Statement).
Die Helme werden mit Freunden um 10.00 Uhr wieder eingesammelt. Teilt es bitte und lasst die Helme sprechen“.
Kritische Stimmen: Nicht zum jetzigen Zeitpunkt
Dem Aufruf zur Töffdemo steht gegenüber, was Walter Wobmann sagt: Es ist zu früh, jetzt, wo die politischen Vorstösse noch nicht einmal spruchreif sind (der NR-Vorstoss hat gerade eimal 21 Mitunterstützer!), die bestehenden Sympathien, die uns Bikern jetzt (noch) sicher sind, mit einem vorsätzlichen Verstopfen des Gotthardes während des Ferienverkehrs zu verspielen… Es darf kein (Schnell)Schuss ins eigene Bein sein und muss etwas bringen.
FMS, SAM, IG Motorrad: „Es ist noch zu früh.“
„Wir Verbände, FMS, SAM, IG Motorrad, sind der Meinung, dass eine Sternfahrt auf den Gotthard in der demokratischen Schweiz und zurzeit der falsche Weg ist. Der politische Prozess wird erst noch beginnen, und er wird lange dauern. Es gibt Abläufe und Mechanismen, die eingehalten werden müssen.
Weiter sind wir der Meinung, dass solche Aktionen in der Covid-19 Zeit nicht angebracht sind. Wir werden den eingeschlagenen Weg gehen und hoffen, dass die allenfalls stattfindenden Demos nicht kontraproduktiv sein werden.
Vergesst nicht: Laut ist out! Passt Eure Fahrweise den Umständen an, «leben und leben lassen».
Wir halten Euch auf dem Laufenden.“
Stellungnahme, Zentralpräsident FMS, Nationalrat Walter Wobmann:
«Die FMS wird in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden und Interessengruppen weiterhin «dran bleiben» und mögliche Verbote mit aller Kraft bekämpfen, aber für uns ist nun zuerst der politische Weg gefragt.
Da ich Mitglied der nationalrätlichen Verkehrskommission bin, kann ich zur gegebener Zeit entsprechend Einfluss nehmen. Meine Vorbereitungen dazu laufen schon auf Hochtouren. In der Schweiz haben wir andere Möglichkeiten als in Deutschland und Österreich. Darum ist die heutige Situation in unserem Land auch nicht vergleichbar.
Eine Grossdemo in der Schweiz wird erst dann ein Thema, wenn auf politischem Weg kein Erfolg sichtbar ist. Ein solcher Grossanlass (wie schon im Jahr 2003 erfolgreich durchgeführt) muss dann aberorganisiert sein.
Informationen zum weiteren Vorgehen werden wir zu gegebener Zeit selbstverständlich kommunizieren.
Nein zur Umwelt-Vision Zero. Nein zu diskriminierenden Lärm-Fahrverboten, nein zu städtischen Umweltzonen nach EU-Recht.
Unsere Forderungen: Gleiches Recht für alle!
Keine Diskriminierung der Motorradfahrer, kein Fahrzeugrassismus!
Wir sperren uns nicht gegen Massnahmen, die zur Lärmreduktion und zur Steigerung der Lebensqualität Aller beitragen. Allerdings akzeptieren wir die geforderte Lärmreduzierung nur ohne versteckte Enteignungen im Namen der Umwelt, also unter Wahrung des Bestandsschutzes* und wir lehnen Streckensperrungen für einzelne Fahrzeugkategorien aus Lärmgründen ab. Wir befürworten eine realistische gesetzlich festgelegte und für Verbrennungsmotoren praktikable dB-Obergrenze für ALLE ab 2023, oder auch später neu zugelassenen Fahrzeuge und Geräte. Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist dabei unsere zentrale, unabdingbare Forderung. Aktionen werden folgen. * Es gibt den Bestandsschutz in vielen Bereichen des Rechts. Auch in der Strassenverkehrszulassungsordnung. Wie so viele Bestandsschutz-Mechanismen hatten auch die entsprechenden Klauseln des Zulassungsrechts einen sozialen Hintergrund: Der Käufer musste also keine Angst haben, dass eine Verschärfung der Lärm- oder Abgasgesetze ihn zwingen könnte, sein kürzlich gekauftes Auto oder seinen gehegten Youngtimer zum Schrottwert zu verkaufen und ein neues zu kaufen zu müssen, nur um zur Arbeit fahren zu können. Das hat man gemacht, weil Fahrzeuge für die meisten Menschen eine erhebliche Investition darstellen. Deshalb finden sich Analogien dazu zum Beispiel auch im Baurecht.
In der Zwischenzeit möchten wir ALLE dazu aufrufen, die Strassenverkehrsordnung zu respektieren und «unnötig lautes Fahren» zu vermeiden, alles andere schadet unserer Sache!
Wir haben es als Motorradfahrer weitestgehend in der Hand mit unserem Verhalten im Strassenverkehr den Lärmaktivisten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Bitte die vorgegebenen Geschwindigkeitsbeschränkungen, vor allem in neuralgischen Zonen und Wohngebieten, unbedingt einhalten, mit niederen Drehzahlen fahren und damit aktiv zur Lärmvermeidung beitragen!
Vielen Dank – wir müssen nun alle gemeinsam an einem Strick ziehen.»