BMW R 1250 R gegen Ducati Monster 1200 S
BMW hat auf die Saison 2019 hin ihren Zweizylinder-Boxer revolutioniert – durch die neue Shift-Cam und etwas mehr Hubraum. Auch der Roadster „R“ profitiert davon. Wir haben die neue R 1250 R gegen die 2017 erschienene Ducati Monster 1200 S antreten lassen.
Die R 1250 R (ab 14’650 Franken, unser Testbike 19’980 Franken) ist ein klassisches Naked-Bike, oder eben ein Roadster, wie die Bayern zu sagen pflegen. Genauso wie die Monster 1200 S (ab 18’890 Franken, unser Testbike 19’590 Franken). Beide sind Töff, wie man sie sich in ihren Grundzügen heute vorstellt. Das gilt auch für ihre Leistungswerte: ordentlich, aber doch nicht hypersportlich nach aktuellen Massstäben. Konkret treten hier 136 Boxer-PS bei 7750/min gegen 147 V-2-PS bei 9250/min an oder anders gesagt: 143 Newtonmeter bei 6250/min stemmen sich gegen 126 Nm bei 7750/min.
Gewichtsunterschiede
Auf der Waage bringt es die etwas schwächere BMW auf 239 Kilo fahrfertig, die Ducati auf 213 Kilo, was eine Differenz von ganzen 26 kg bedeutet. Die spürt man am ehesten beim Rangieren auf dem Parkplatz und beim Aufrichten vom Seitenständer, wobei hier die BMW mit ihrem durch die weit unten liegenden Boxer-Zylinder tiefen Schwerpunkt ihrem Fahrer das Leben nicht schwerer macht als ihre Kontrahentin.
On Tour
Im städtischen Gezirkel lebt man auf der stoisch dahinrollenden R sogar deutlich entspannter als auf der agileren und sportlicher ausgelegten S. Das liegt zum einen an ihrem optionalen Dynamic-ESA-Fahrwerk, das über eine softere und eine straffere Einstellung verfügt, aber im Wesentlichen auch an ihrem Antrieb. Der neue Boxer mit „Wechsel-Nockenwelle“, welche die Öffnung der Einlassventile im Vergleich zum Vorgänger-Motor optimiert, läuft ab Standgas und bis in hohe Drehzahlen seidenfein. Obwohl: Hohe Drehzahlen? Selbst bei unserer flotten Überlandfahrt auf kurvenreichen Nebenstrasen ging der Drehzahlbalken im topablesbaren TFT-Farbdisplay kaum je über 5000 Umdrehungen.
Kompakter
Während man auf der R im Vergleich entspannt thront und bei Tempo 30, 50 oder 120 bequem den Tempomaten setzt, nimmt die Monster ihren Fahrer ganz anders auf. Man sitzt viel tiefer im Sattel drin (obwohl die Sitzhöhen praktisch identisch sind) und auf ihr ist der Kniewinkel um einiges enger. Auf Dauer steigt auf der Italienerin das Bedürfnis, die Beine mal zu strecken.
Rebell
Der Ducati-V2, der „Testastretta 11 Gradi“, ist eindeutig der Rebell dieser zwei Motoren – Vibrationen sind hier immer zu spüren, wobei sie nie in einen unangenehm hochfrequenten Bereich übergehen. Rumzuckeln gefällt der ganzen Antriebseinheit gar nicht und man ist als Fahrer immer zwischen dem nächsttieferen und dem nächsthöheren Gang hin und her gerissen. Einen Tempomaten sucht man auf dieser Duc übrigens vergebens. Auf der Landstrasse, wo man in den tiefen Gängen auch mal über 3000 oder 4000/min drehen kann, beginnt sich die Monster wohl zu fühlen. Hier passen auch Ergonomie und die von grund auf etwas straffer ausgelegte Fahrwerksabstimmung (kein E-Fahrwerk, aber voll einstellbar) perfekt.
Bremsen auf Topniveau
Beide Maschinen verfügen übrigens über einen bidirektionalen Quickshifter, wobei jener der BMW die etwas geschmeidigeren Gangwechsel erlaubt. Was die Bremsen angeht, sind beide auf demselben Topniveau, wie man es sich von Motorrädern dieser Liga auch vorstellt. Hier wie da ist auch ein Kurven-ABS vorhanden, eine Traktionskontrolle und verschiedene Motormodi selbstverständlich auch. Den Überblick über alle relevanten Infos erhalten die Fahrer beider Maschinen via Farbdisplay, wobei jenes der Duc viel kleiner ausfällt (was gut zur Naked-Bike-Optik passt), jenes der BMW dagegen eine bessere Ablesbarkeit bietet.
Fazit: Zwei Charaktere
Unser erstes Fazit an dieser Stelle: Die beiden Naked-Bikes sind zwei ziemlich unterschiedliche Charaktere, die insbesondere im Kurvenswing aber wunderbar harmonieren. Gegen gemeinsame Touren gibt es nichts einzuwenden, auch mit sportlichen Landstrassenabschnitten. Wer sehr häufig in der Stadt und auch zu zweit unterwegs ist, dürfte mit der BMW glücklicher werden. Wer es auch auf der Rennstrecke mal krachen lassen will, den beflügelt wohl der oben raus mächtig brüllende Testastretta mehr. Ausführlichere Infos und Fahreindrücke sind im TÖFF-Magazin 06/19, ab 22. Mai 2019 am Kiosk zu lesen.
Fotos: Michele Limina