Abgesagt: motofestival 2022
Exakt einen Monat bevor bei BernExpo die Tore zum motofestival hätten geöffnet werden sollen, hat die Messeleitung im engen Austausch mit dem Importeursverband motosuisse entschieden: 2022 wird es kein motofestival geben. Die Gründe.
Das Timing der offiziellen Kommunikation zur Absage des motofestival wirft Fragen auf. Denn Gesundheitsminister Alain Berset hatte gerade eben für Februar massgebliche Lockerungen in Aussicht gestellt, die heute in den Medien konkretisiert wurden. Die Homeoffice-Pflicht und die Quarantäne-Regeln werden mit grösster Wahrscheinlichkeit Mitte Februar wegfallen. Und diverse weitere Lockerungsschritte hin zur Normalität wahrscheinlich rasch folgen. Wieso also ziehen die Verantwortlichen beim motofestival, das vom 3. bis 6. März über die Bühne hätte gehen sollen, den Stecker? Und warum gerade jetzt, da sich die Wolken zu lichten beginnen?
Bangen von BR-Entscheid zu BR-Entscheid
Rückblende: Nach Weihnachten hatte der Bundesrat entschieden, die geltenden Massnahmen bis Ende März zu verlängern. Die 2G-Regel für Grossanlässe stellte die Durchführung des motofestival für BernExpo wie auch für motosuisse insofern in Frage, als befürchtet wurde, dass viele potenzielle Besucherinnen und Besucher unter diesen Umständen der Veranstaltung fernbleiben würden. In den folgenden Wochen haben BernExpo und motosuisse alle denkbaren Szenarien durchgespielt. Wobei beschlossen wurde, in Bezug auf den definitiven Entscheid zur Durchführung des motofestival den Bundesratsentscheid vom 2. Februar abzuwarten.
Planungsunsicherheit
Nun sind in der Zwischenzeit aber zwei Dinge passiert: Erstens, wurde bei den Ausstellern die Frage zur Planungssicherheit immer lauter. Verträge mit Standbauern müssen abgeschlossen, Display-Motorräder beim Hersteller organisiert und eingeführt, Personal eingeplant, Hotelzimmer gebucht werden usw. Normalerweise dauern diese Vorbereitungen mehrere Monate. Im Falle des motofestival – notabene ein komplett neues Format, das die Option «copy-paste» praktisch verunmöglicht – hätte dies nun alles in nur einem Monat über die Bühne gehen müssen. Gleiches gilt für die Werbekommunikation. Denn mit dieser war man eher zurückhalten, solange man nicht wusste, ob eine Durchführung möglich sei.
Nicht mehr repräsentativ
Und zweitens hatten in der Zwischenzeit diverse «kleinere und mittlere» Aussteller ihre Teilnahme abgesagt. Mit der Folge, dass sich die Schweizer Motorradwelt nicht repräsentativ in Bern hätte präsentieren können. Etwa bei den aktuell sehr wichtigen 125ern wäre dies sichtbar gewesen. Durch die Absage von mindestens zwei wichtigen Importeuren in diesem Segment, wäre das Angebot lückenhaft ausgefallen, was – so die Befürchtung von Verband und Messeleitung – in einem Rückgang bei den Besucherzahlen gemündet wäre.
Fast alle Grossen wären dabei gewesen
Immerhin wissen wir, dass – bis auf wenige Ausnahmen – sämtliche grossen Hersteller ihre Teilnahme am motofestival 2022 bestätigt hatten. Hierzu Anna Wellmeyer, Bereichsleiterin bei BernExpo: «Die rund 11’500 für 2022 verkauften Quadratmeter und die deutliche Präsenz aller wichtigen Marken haben uns gezeigt, dass wir mit unserem Festival die Vorstellungen der Branche getroffen haben.»
«Es war ein Vernunftsentscheid»
Nochmals zurück zu den Corona-Massnahmen bzw. den Lockerungen. Es ist schwer davon auszugehen, dass bei Grossanlässen unabhängig von den oben beschriebenen Lockerungen bis auf Weiteres die Maskentragpflicht gelten wird (ebenso wie im ÖV und beim Einkaufen).
Hierzu motosuisse-Präsident Jörg Bucher gegenüber moto.ch: «Natürlich haben wir uns inzwischen ans Maskentragen gewöhnt. Und 30 Minuten beim Einkauf in der Migros oder eine Stunde bei der Fahrt im Zug sind auch okay. Am motofestival ist man jedoch den ganzen Tag oder gleich mehrere Tage vor Ort. So lange eine Maske tragen zu müssen, das ist einfach unangenehm. Und wir gehen davon aus, dass sich die Maskenpflicht negativ auf die Besucherzahlen auswirken würde. Wir wollen den Besuchern eine angenehme Erfahrung bieten, die Maske hilft hier nicht. Auf der anderen Seite ist eine tiefe Besucherfrequenz klar mit Ertragseinbussen gleichzusetzen. Und ein Anlass wie das motofestival ist für Messe wie auch für die Aussteller mit sehr hohen Kosten verbunden.»
Hierzu auch Tom Winter, CEO der Bernexpo Groupe: «Wir stehen seit Beginn der Pandemie dafür, jegliche Anlässe wenn immer möglich zu veranstalten. Natürlich haben wir uns enorm auf das motofestival gefreut und hart darauf hingearbeitet. Genauso ist es aber unsere Pflicht, optimale Bedingungen für Besuchende, Ausstellende und Partner zu schaffen.»
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Positiv ist sicher, dass BernExpo im Communiqué zur Absage des motofestival 2022 auch gleich die Daten für 2023 kommuniziert: Das motofestival wird im nächsten Jahr früher stattfinden – konkret vom 16. bis 19. Februar 2023. Jörg Bucher: «Keine Frage: Die Entscheidung, das motofestival 2022 abzusagen, ist uns allen enorm schwer gefallen. Letztendlich war es ein Vernunftsentscheid. Für 2023 werden wir mehr Zeit haben, um in Ruhe einen in jeder Hinsicht unvergleichlichen und unvergesslichen Anlass auf die Beine zu stellen. Praktisch alle Aussteller, die ich in diesen Tagen am Telefon hatte, wollen dabei sein, sind sehr motiviert und stehen voll und ganz hinter dem neuen Format!»
Info: motofestival.ch