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Triumph Speed Twin 1200: Alles wie gehabt, nur besser

Eine erfolgreiche Ikone wie die mit dem klassischen Bonneville- Twin ausgestattete Triumph Speed Twin 1200 darf man bei der Euro 5-Adaption nicht von Grund auf neu konstruieren. Mehr als eine behutsame Renovation wäre ein Sakrileg. Triumph blieb cool und änderte (fast) nix. Das zeigte sich beim ersten Fahrtest in Portugal sofort und eindrücklich.

Die Fakten: Die Triumph Speed Twin 1200 ist in der Schweiz das dritterfolgreichste Modell des britischen Herstellers. Der klassisch schnörkellos aufgebaute und polyvalente Töff wurde 2020 exakt 164 mal verkauft. Nur die konsequent auf Retro getrimmte Bonneville T120 (203 Einheiten) für eine ältere Kundschaft und der günstigere Allrounder Street Twin (189) für jüngere und kostenbewusste Einsteiger liefen besser.

Jetzt 100 statt 97 PS

Im Zuge der Euro 5-Adaption erhielt die 2018 auf den Markt gekommene und seither weltweit 11’000 Mal verkaufte Speed Twin einige Updates. Der Motor leistet nun 3 PS mehr und drückt exakt 100 PS bei 7250/min ab. Das Drehmoment blieb mit 112 Nm erhalten, wird aber bereits bei 4250/min statt 4950/min erreicht. Stolz sind die Briten darauf, dass 17 % weniger Schwungmasse das Ansprechverhalten und die bisher eher verhaltene Drehfreude entscheidend verbessern helfen.

Neue Gabel, traditionelle Rundinstrumente

Fahrwerksmässig betont Triumph den Premiumcharakter der Speed Twin. Neu sind die nicht einstellbare, massive 43er Marzocchi- USD-Telegabel mit Cartridge-Dämpfern, die radial montierten, erlesenen M50-Monoblock-Bremszangen von Brembo mit 320 mm-Scheiben (vorher 305 mm), leichtere 12-Speichen-Alugussräder und die Metzeler Racetec-RR-Reifen, die sonst eher auf reinrassigen Sportbikes aufgezogen werden.

 

Tradition & Moderne

Bei der Ausstattung kombinieren die Briten Moderne und Tradition: Es gibt einerseits LED-Rundumbeleuchtung und drei frisch kalibrierte Riding Modes (Rain, Road, Sport), bei denen allen die volle Power zur Verfügung steht. Wheelie- und Burn-out-Fetischisten können die Traktionskontrolle ausklinken. Andererseits gibts immer noch die analogen Rundinstrumente mit zwei digitalen Inserts für den Bordcomputer und mangels IMU kein Kurven-ABS oder anderen Elektronik-Schnickschnack.

Show & Ride

Eines der besten Argumente der Speed Twin ist aber ihr Look und das absolut erstklassige Finish. Viel gebürstetes Aluminium, ein wunderschön geformter Tropfentank (14,5 Liter Inhalt), ebenso elegant sanft nach oben führende, neue Schalldämpfer und jede Menge sorgfältigst gearbeitete Details wie der Monza-Tankdeckel und die abgesteppte Sitzbank zeigen sofort, dass hier kein Billigheimer, sondern ein Bike im Stil eines britischen Gentlemans im besten Tweed daherrollt.

 

Ballern? Ja, aber leise!

Der Euro 5-Twin der Speed Twin bietet nicht nur viel Power ab knapp 2000/min, sondern auch einen begeisternden Sound. Das je nach Drehzahl zwischen vollmundigem Wummern und mächtigem Donnern angesiedelte Stakkato ist im Sattel wesentlich lauter zu vernehmen als von aussen, die sanft ans Gas gehende Speed Twin tönt alles andere als aufdringlich. Die geringere Schwungmasse hat den Twin tatsächlich deutlich drehfreudiger gemacht. Zum grimmigen Angasen sind aber weiterhin Drehzahlen ab 5000/min bis 8000/min zu empfehlen. Darunter reicht die Drehmomentwoge locker aus, um mit allen Anforderungen des Strassenverkehrs fertig zu werden.

Agil und überraschend sportlich

Fahrwerkseitig glänzt die eher straff als komfortabel abgestimmte Speed Twin weiterhin mit enormer Agilität, die man einer 1200er niemals zumuten würde. Ultraschnell gehen Schräglagenwechsel vonstatten, der Kraftaufwand beim Umlegen ist äusserst gering. Mit 215 kg fahrfertig ist die Speed Twin zwar kein Leichtgewicht, aber die Pfunde machen sich allerhöchstens beim Schieben und Rangieren bemerkbar. Zudem hat man die British Lady dank nur 809 mm Sitzhöhe und einer vorne schmalen, trotz ihrer eher dünnen Ausgestaltung bequemen Bank auch im Stand immer sicher im Griff.

 

Triumph Speed Twin 1200

Aufrechte, bequeme Sitzhaltung mit grossem Kniewinkel und entpsanntem Rücken.

 

Genauso alles im Griff haben die neuen Brembo-Stopper. Die M50-Zangen packen bei Bedarf bombenmässig zu, ohne dabei die neue Marzocchi-USD-Gabel an den Anschlag zu bringen. Zumindest auf trockener, griffiger Strecke bringt dieses Duo mit Hilfe der klebrigen Metzeler Racetec-Gummis die Speed Twin im Nullkommanichts zum Stehen. Auch das Aufstellmoment beim Hineinbremsen in die Kurven ist kaum spürbar. Kurz: Mit diesem Klassiker lässt sich ein sehr flotter Strich ziehen, zumal auch die üppige Bodenfreiheit spät Grenzen setzt.

Jeden Franken wert

Unser Fazit nach einem Tag im Sattel der neuen Triumph Speed Twin: Draufsitzen, losfahren, wohlfühlen. Die bildhübsche Speed Twin versprüht Harmonie, Eleganz, Leichtfüssigkeit und Wertigkeit vom ersten Meter an. 100 PS, bulliges Drehmoment, für viele Stunden taugliche, entspannte Sitzposition und ein klassisches Design als Reminiszenz an die legendären Vorfahren entführen in eine zeitlose, aber dennoch moderne Welt. Es gibt nur zwei andere Motorräder, die der edlen Lady in all diesen Dingen das Wasser reichen können: die BMW R-NineT und die Kawasaki Z 900 RS.

 

Also: Wer 14 200 Franken für die neue, enorm charakterstarke Speed Twin über den Tresen schieben will, macht garantiert nichts falsch. Sie ist jeden einzelnen Franken wert.

 

Bilder: Triumph, Joao Duarte

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