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Unterwegs durch Polen

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Unterwegs durchs polnische Pommern. Die letzte Eiszeit hat das Land glatt geschmirgelt. Aber muss topfeben auch gleich langweilig sein? Der Nordwesten Polens bietet viel Abwechslung, vor allem im Bereich des Wasser- und Endurosports.

Eine gefühlte Ewigkeit sind wir schon auf diesem Sandweg unterwegs. Rainer führt uns bereits geraume Zeit in Richtung Osten, das kann man entsprechend dem Sonnenstand schätzen. Aber weit und breit sind keine Menschen zu sehen, nur manchmal eine Abzweigung, aber noch seltener biegt die grosse Enduro vor mir ab. Dann einmal ein vereinzeltes Gehöft, wenn wir an den Waldrand kommen, und schliesslich queren wir eine Asphaltstrasse. 

«Das sind alles noch offizielle Strassen»…

…grinst unser Tourguide und verweist auf die Wegweiser mitten im Wald. Doch dann geht es eine Spur ruppiger zur Sache: Hinter einer Schonung beginnt plötzlich ein richtiger, teilweise zugewucherter «Knüppeldamm». Hier kommt es darauf an, auf den unterarmdicken Ästen das Gleichgewicht und den Schwung zu halten, ohne zu schnell zu werden. Kein Problem, wie sich hinterher herausstellen sollte, aber eine schöne Abwechslung, die ihren krönenden Abschluss in einer abenteuerlichen Holzbrücke über einen breiten Graben findet. 

Offroadfahren ohne Berge? 

Kann das überhaupt Freude machen? Die Antwort ist bereits nach einem halben Fahrtag positiv. Die Fahrfreude in Polen fängt bei den Chausseen mit dem meist extrem ausgefahrenen Kopfsteinpflaster an, geht über tolle Sandpisten bis hin zu Single-Trails, und sogar Wasserdurchfahrten warten tief im Wald. So wie im Moment: Die Furt neben der Brücke wird offensichtlich ständig benutzt. Kein Wunder, denn nachdem wir die Brücke zu Fuss erkundet haben, stellen wir fest, dass am Ende gut ein Meter Fahrbahn fehlt. 

 

Nachdem sich der Tourguide von unserem Fahrkönnen überzeugt hat, holt er immer wieder weitere Trails aus seiner Trickkiste: Eben staubte noch die Piste, im nächsten Moment pflügen wir durch ein Bachbett. Der eigentliche Weg ist zwar untendrunter steinig und fest, aber obendrauf auch entsprechend rutschig, was ein wenig Einfühlungsvermögen an der Gashand verlangt. Kurze Zeit später geht es dann auf festgefahrenem Waldboden entlang der Strecken, auf denen die grossen Holztransporter knietiefe Spuren gezogen haben. Bei Regen muss das hier voller Wasser stehen und extrem rutschig sein. 

Direkt an einem Seeufer… 

…machen wir die erste Pause, weil sich der Endschalldämpfer an der Beta Alp gelockert hat. Doch nicht nur zum Zwangshalt, sondern zur ausgiebigen Rast stoppen wir an idyllischen Buchten, an einem der zahlreichen Seen oder an den permanent angelegten Biwak-Plätzen, wo nicht nur ein Lagerfeuer erlaubt ist, sondern an denen man sogar übernachten könnte: Offizielle Rastplätze, die meist von Kanu-Fahrern auf deren Touren genutzt werden. 

 

Kurze Zeit später: Peters EXC zapft schon die Reserve des Treibstofftanks an, da erreichen wir gottlob den nächsten grösseren Ort mit einer Tankstelle. Ein wenig Routenplanung ist also durchaus sinnvoll, weil in diesem Teil Polens auf dem Land Tankstellen eher selten zu finden sind, während wir zu Hause damit an jeder Ecke verwöhnt werden. Wir schlagen uns wieder in die Büsche, pardon … die Gegend hier ist extrem waldreich und man bekommt nur wenig fruchtbares Ackerland zu sehen. Weshalb hier nicht nur der gemeine Endurofahrer, sondern auch das Wild ungestört ist. In den Wäldern, welche voller Pilze und Heidelbeeren sind, fühlen sich Rotwild und Damhirsch ebenso zu Hause wie Kraniche und Störche auf den kargen Wiesen und Lichtungen.

 

Gerade die vielen Storchennester in den Dörfern sind ein Wahrzeichen der Region. Was für ein Fahrerlebnis. Und auch am Ende des ersten Enduro-Vergnügens lassen wir es uns gut gehen und nehmen im Gasthof, der unser Hauptquartier bildet, das Feierabendbier gleich mit in den rustikalen Whirlpool zur Entspannung, bevor wir uns später noch kulinarisch verwöhnen lassen. 

Eigentlich soll man den Jakobsweg…

…ja erwandern und eigentlich sollte der auch irgendwo in Spanien sein. Doch auf unseren Offroad-Exkursionen kreuzen wir am nächsten Tag immer wieder diese Pilgerroute, welche mit dem charakteristischen Muschel-Symbol gekennzeichnet ist. Ein Pommerscher Jakobsweg? Ja, den gibt es. Er wurde im November 2013 vollständig eingeweiht, nachdem bereits Teilstücke vorhanden waren. Die Pilgerreise von Litauen bis nach Görlitz machen wir trotzdem nicht, und schon gar nicht mit den Enduros, aber gerne lassen wir unser Fernweh durch die Weite der Landschaft inspirieren, denn die Wälder werden weniger und die Felder dafür mehr.

 

Nun bekommt die Bezeichnung «flaches Land» eine ganz neue Bedeutung: Die Zeit scheint stehen geblieben, obwohl diese weder die öffentlichen Bauten aus der ehemaligen deutschen Kaiserzeit – wie Kirchen, Postämter und Rathäuser – noch die Neubauten aus der Nachkriegszeit verschont hat. Dabei machen die über 100 Jahre alten Backsteinbauten zumindest von aussen komischerweise meistens noch einen besseren Eindruck als die viel jüngeren Gebäude. 

Der Kontakt zur Bevölkerung… 

…gestaltet sich übrigens etwas schwierig, da die Sprachbarriere doch recht hoch ist, was aber durch Herzlichkeit und Freundlichkeit wieder ausgeglichen wird. Englischkenntnisse haben hier auf dem Land wenige, und trotz der Nähe zu Deutschland ist die deutsche Sprache wenig verbreitet, denn nach dem Krieg wurden auf dem ehemaligen deutschen Gebiet vorzugsweise polnische Familien angesiedelt. 

Die nächste Schleife führt uns… 

…in Richtung Norden: Die heutige Tour steht unter dem Motto «gepflegtes Endurowandern» und eignet sich keineswegs als Training für semiprofessionelle Hardenduristen. Dennoch beschränkt sich der Anteil an Asphaltstrassen nur auf kleine Zubringer von wenigen hundert Meter, bis zur nächsten Schotterpiste. Hier braucht man keine Sportenduro, aber der ganze Tag Offroad im Sattel fordert am Abend von uns schon seinen körperlichen Tribut. Wobei im Sattel ja gar nicht stimmt, da man auf unbefestigtem Untergrund und damit im Stehen durch diese Weite unterwegs ist. 

 

An der Küste erwartet uns dann eine ganz andere Weiträumigkeit, nämlich der Blick auf das Meer – und zur Mittagszeit vor allen Dingen etwas Handfestes – eine Imbissbude, mit leckeren Fischgerichten. Ein Muss, hier einzukehren, angesichts der Fischerboote, die hier gerade eben ihren Fang abgeliefert hatten. Die See war hier immer gleichzeitig die Verbindung zur grossen weiten Welt, Fischlieferant für die Wirtschaft und ehemals mondäner Urlaubsort für die, die sich das leisten konnten. Heute oft auch für die, die sich nichts anderes leisten können. 

 

Einige der Hafenstädte sind durchaus nach westlichen Standards touristisch erschlossen, während andere noch immer den Charme der Trabantenstädte des real existierenden Sozialismus versprühen und wieder andere mit Altstadtkulissen locken. Für Kontraste ist also gesorgt, und ebenfalls höchst erfreulich sind für uns die günstigen Preise. Und weil so früh im Jahr die langen Ostseestrände noch leer sind, können wir mit den Töff sogar einen Ausritt direkt am Meer entlang machen. 

Zum Abschluss der Polen-Tour… 

…geht es dann noch in Richtung Süden, und zwar zum Pumpspeicherwerk Zydów, das immerhin 80 Meter Niveauunterschied aufzuweisen hat. Das hügelige Terrain dieser Region kredenzt uns jetzt doch noch ein spürbares Auf und Ab mit den Enduros. Allerdings erweist sich die darin eingeflochtene Etappe direkt am Strand des Niedersees dann doch als eine schlechte Idee: Aufgrund des niedrigen Wasserspiegels ist das Ufer extrem schlammig und scheinbar ohne Halt: Jetzt bloss nicht vom Gas gehen, nicht den Schwung verlieren, sondern weiter, bis das Ufer ein Ausweichen auf höher gelegene Wiesenabschnitte ermöglicht. 

 

So schaffen wir es doch noch, uns und die Motorräder mächtig einzusauen. Dafür werden wir aber anschliessend mit einer Unzahl von kleinen Wegen und Pfaden mitten durch den Wald entschädigt. Und einen letzten Höhepunkt gibt es auch noch, als wir noch weiter im Süden, mitten im Land, plötzlich vor einer riesigen Düne stehen. Das flache Land im Nordwesten Polens ist für Endurofahrer wirklich alles andere als langweilig! 

 

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