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Yamaha MT-07: Die Neue ist ganz die Alte

«Never change a winning team»: Diese bewährte Weisheit hat sich Yamaha beim Update ihres Topsellers MT-07 glücklicherweise zu Herzen genommen. Ausser der Euro 5-Anpassung des Motors und Optimierungen bei der Ergonomie sind die Änderungen vorwiegend beim Design zu finden.

Marseille, 18. Januar 2021, Test der neuen Yamaha MT-07: Trotz der rigorosen Corona-Massnahmen in Frankreich hat es Yamaha geschafft, ein kleines Grüppchen Journalisten auf seine überarbeitete MT-07 zu setzen und ihnen erste Eindrücke über eines der wichtigsten und vor allem erfolgreichsten Bikes der Neuzeit zu vermitteln. Seit ihrem Erscheinen auf dem Markt im Jahre 2014 führt der Reihenzweizylinder mit 689 cm3 Hubraum und nun 73 PS (vorher 75 PS) in vielen Ländern die Modellranglisten an.

 

Auch bei uns in der Schweiz ist die MT-07 seit 2015 der Bestseller schlechthin und immer auf Rang 1 der Modellhitparade. Das extrem homogene Konzept, die einfache Zugänglichkeit sowie ein sensationell attraktiver Preis von 7790 Franken – der auch bei der dritten Generation unverändert bleibt – haben 2020 wieder mehr als 1200 Schweizer Töfffahrerinnen und Töfffahrer überzeugt.

 

Nach dem Test der 3. Generation Yamaha MT-07 ist klar: Das am Markt erfolgreichste Motorrad der letzten fünf Jahre bleibt im Charakter unverändert (Foto: Mathias Deshusses)

Die Konkurrenz hat aufgerüstet

Doch natürlich hat die Konkurrenz nicht geschlafen. Kawasaki hat die Z650 im vergangenen Jahr grundlegend und mit Erfolg überarbeitet. Zumindest auf dem Schweizer Markt war die «Z» der MT-07 dicht auf den Fersen und hat nur einige Dutzend weniger Verehrerinnen und Verehrer gefunden. Und 2021 kommt mit der zwar rund 1000 Franken teureren, aber mit vielen Hightech-Schmankerln ausgestatteten Triumph Trident eine weitere ernsthafte Gegnerin hinzu, die mit zwei Fahrmodi, Traktionskontrolle, TFT-Cockpit, 81 PS-Dreizylinder und Smartphone-Kompabilität der technikverliebten Jugend einiges zu bieten hat. Natürlich sind die Kawasaki und die Triumph genau wie der Klassenprimus MT-07 in 35 kW-Versionen für Neueinsteiger lieferbar.

Optimierung eines erfolgreichen Konzepts

Yamaha hat sich für einen anderen Weg entschieden. Auch die 3. Generation der MT-07 kommt ohne Traktionskontrolle, ohne Fahrmodi, ohne TFT-Bordzentrale und ohne Smartphone-Vernetzung daher. Das Ziel war vielmehr die Optimierung eines bereits ausserordentlich gelungenen und ebenso erfolgreichen Konzepts. Und dazu gehört auch das Halten eines sensationellen Preises, der mit der Integration von elektronischen Assistenzsystemen nicht zu halten gewesen wäre.

 

Yamaha MT-07 Test

CP2-Paralleltwin: Die Euro 5-Anpassung hat an Charakter und Laufeigenschaften nichts verändert. Nur der Katalysator ist näher an den Auslass gerückt und dessen Abdeckung ist voluminöser geworden.

Motor: Noch immer ein Sahnestück

Über den CP2-Reihenzweizylinder der MT-07 ist schon vieles geschrieben worden, nur Kritik musste er sich noch kaum anhören. Warum auch: Mit praktisch ab Standgas verwertbarer Motorleistung, kräftigem Durchzug und dennoch flauschiger Drehfreude überzeugte er mittlerweile mehr als 140’000 Besitzer in aller Welt. Auch der knurrige, hervorragend gedämpfte Sound, der kultivierte Motorlauf und das idiotensicher zu bedienende Getriebe erfreuten sowohl Profis wie Anfänger.

 

Also passten die Yamaha-Ingenieure lediglich die Airbox, die Kanalführung, die ECU, die Einspritzung und natürlich die Auspuffanlage brav den neuen Euro 5-Vorschriften an, liessen aber den Hubraum bei 689 cm3 und den Rest der Motormechanik in Ruhe. Resultat: Höchstens die Prinzessin auf der Erbse oder ein fitter Marc Marquez könnten (vielleicht) einen Unterschied zum Euro 4-Triebwerk finden. Für mich als Normalsterblichen war nach mehreren Stunden im Sattel beim Test der neuen Yamaha MT-07 alles wie gehabt. Und «alles wie gehabt» ist gut, verdammt gut. Denn abgesehen vom immer noch etwas harten Ansprechen beim Gasanlegen gibt es absolut nix zu bemängeln. Die Reduktion der Topleistung von knapp 75 auf etwas mehr als 73 PS und von 68 auf 67 Nm Drehmoment ist nur was für Zahlenfreaks, real aber völlig bedeutungslos.

 

Neues Gesicht mit drei LED-Lichtquellen, verkleideten Gabelrohren und um 30 mm breiterem Lenker

 

Platz da!

Anders ist es bei der Anpassung der Ergonomie: Die Verbreiterung des Lenkers um stattliche 30 mm und dessen um je 10 mm höhere und weiter nach hinten versetzte Positionierung haben einen beträchtlichen Einfluss auf das Wohlempfinden des Dompteurs. Er oder sie sitzt nun noch aufrechter und entspannter im unveränderten Sattel. Vor allem grösser gewachsene oder breitschultrige Mannsbilder werden Freude am neuen Lenker haben, welcher die MT-07 zusammen mit der überarbeiteten Tankform (immer noch 14 Liter Inhalt) auch optisch grösser und erwachsener erscheinen lässt. Weiterer Vorteil: Dank der aufrechteren Position hat man/frau etwas mehr Druck auf den Rasten, was beim Kurvenwetzen oder bei höheren Tempi auf der Autobahn sehr willkommen ist.

 

Yamaha MT-07 Test

Yamaha stattete die neue MT-07 nicht mit einer TFT-Tafel, sondern einer klar strukturierten und gut ablesbaren LC-Bordzentrale aus. Die USB-Buchse stammt aus dem Zubehör.

 

Agil, stabil, neutral

Ansonsten ist fahrwerkstechnik alles beim Alten: Der unveränderte Rahmen und die identische Geometrie glänzen mit einer selten gesehenen Neutralität und einer fast perfekten Mischung aus Agilität und Stabilität. Die Kayaba-Aufhängung stellt hinten wie vorn weiterhin einen gelungenen Mix aus Straffheit und Komfort bereit. Die Knieschleifergilde wird zwar beim kräftigen Angasen ein sich leicht aufschaukelndes Heck bemängeln, aber erstens werden nur wenige Exponenten der anpeilten Klientel je in diesen Bereich vorstossen und zweitens sollen die Schräglagenfreaks schweigen bzw. vorne härtere Gabelfedern montieren und hinten ein Öhlins-Federbein (gibt’s im Zubehör) reinschrauben.

 

Premium-Reifen

Auch bei den Bremsen ist alles wie zuvor, trotz der von 282 auf 298 mm vergrösserten Bremsscheiben (jetzt baugleich mit denjenigen der MT-09): Relativ langer Dosierweg, angenehme Dosierbarkeit und erst bei heftigem Druck brachiale Verzögerung – so muss eine auch für Neueinsteiger taugliche Bremse ans Werk gehen.

 

Unbedingt erwähnt werden muss die jetzt serienmässige Ausrüstung mit hochwertigen Michelin Road 5-Reifen. Diese Premium-Reifenpaarung – hinten 180/55-17, vorne 120/70-17 – überzeugt sowohl auf trockener als auch nasser Fahrbahn in allen Belangen und liefert einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zu den Verbesserungen der MT-07 für die Saison 2021.

 

Yamaha MT-07 Test

Die seitlichen Lufthutzen sind neu in den 14-Liter-Tank integriert und die Handhebel schwarz eloxiert.

Facelifting

Die wichtigste Veränderung der MT-07 betrifft augenscheinlich die Optik. Die Frontpartie mit minimalistischer Maske, mit von Hülsen abgedeckten Tauchrohren zwischen den Gabelbrücken und dreiteiliger Lichtquelle ist komplett neu und der grossen Schwester MT-09 angepasst. LED ist nun überall drin, auch bei den Blinkern. Brems- (einstellbar) und Kupplungshebel (nicht einstellbar) sind ab sofort schwarz eloxiert, die vorher angeschraubten seitlichen Lufthutzen nun direkt in den Tank integriert.

LCD, nicht TFT

Etwas überraschend hat Yamaha entgegen dem allgemeinen Trend der MT-07 kein modisches TFT-Cockpit (wie etwa Kawasaki der Z650 und Triumph Trident) spendiert, sondern rüstet sie mit der identischen LCD-Bordzentrale aus wie die im vergangenen Jahre renovierte Tracer 700. Der Computer kann nun zwar bequem vom Lenker aus gesteuert werden und alle notwendigen Infos werden klar und übersichtlich angezeigt. Aber ob der Verzicht auf die heute schon fast heilig gesprochene Möglichkeit zur Smartphone-Vernetzung richtig ist, werden die Absatzzahlen in der neuen Saison aufzeigen.

 

Drei Farben stehen zur Auswahl; Storm Fluo (links) mit orangen Felgen ist bisher die beliebteste Wahl.

Fazit: Die MT-07 bleibt die Messlatte

Die Yamaha MT-07 ist seit mehr als einem halben Jahrzehnt die Königin der Mittelklasse-Naked Bikes. Und nach dem Test der neuen Yamaha MT-07 lässt sich sagen, dass die Japaner auch bei der 3. Generation ihres Goldesel bzw. Goldpferdes alles richtig gemacht haben. An ihrem Charakter, ihrer Homogenität und ihrem sensationellen Preis/Leistungsverhältnis haben sie kaum etwas geändert – und das ist gut so.

 

Auch 2021 wird sie mit grosser Wahrscheinlichkeit der Klassenprimus und vor allem die Messlatte für die immer zahlreichere Konkurrenz bleiben. Die spannende Frage ist, ob sich die MT-07 mittelfristig den weitgehenden Verzicht auf die immer zahlreicheren elektronischen Gadgets der Neuzeit   leisten kann. Ob diese sinnvoll sind oder nicht, ist eine andere Frage.

 

Yamaha MT-07 Test

Bleibt die MT-07 auch 2021 das Schätzchen der Nation(en)? (Foto: Mathias Deshusses)

 

Mehr zur MT-07 gibt’s auch unter yamaha-motor.ch

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