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Wahlen 2019: Wo ist die Töffpartei?

Nein, eine Töffpartei tritt nicht zu den Wahlen an. Wie wählt man dann, wenn einem Themen rund um Töff, Auto und Verkehr wichtig sind?

Am kommenden Sonntag, 20. Oktober 2019, wählt die Schweiz das neue Parlament für die nächsten vier Jahre. Wer nicht treuer Parteianhänger ist, blickt vor lauter Plakatköpfen und Kopfplakaten oft nicht durch. Für eher flüchtige Beobachter der Schweizer Politik kommt erschwerend dazu, dass die bekannten Köpfe aus dem Fernsehen meist nicht wählbar sind: Die Veranstaltung heisst zwar eidgenössische Wahlen, der Wahlkreis aber ist der Kanton. Ein Genfer kann nun mal nicht Frau Blocher wählen, einfach so als Beispiel.

Thematischer Fokus

Beim Entscheid könnte helfen, sich auf wenige oder gar nur auf ein Thema zu konzentrieren, das ­einem wichtig ist. Und jene Partei zu wählen, die dieses Thema in seinem Sinn am besten abdeckt. Und wer, bitte sehr, setzt sich nun für die Interessen von uns Töfffahrern ein? Eine Töffpartei steht nicht zur Wahl, das wäre doch etwas albern, und die thematisch naheliegende Autopartei ist seit Längerem in die Bedeutungslosigkeit abgefahren.

Wir fragen den Politprofessor

Fragen wir also den Politologen, ob wir auf unser Problem eine gute Antwort finden. Politprofessor Marc Bühlmann hält das Vorgehen plausibel, die richtige Partei zu suchen für ein Thema, das einem am Herzen liegt. Für ein Thema werde man vermutlich eine Gruppierung mit grosser Überdeckung zwischen eigener und Parteimeinung finden. Der Direktor von Année Politique Suisse am Institut für Politikwissenschaft der Uni Bern weist aber darauf hin, dass man im repräsentativen System insgesamt nie eine hundertprozentige Schnittmenge finden werde. Was ­bedeutet, dass man mit einer Partei etwa in Verkehrs­fragen weitgehend einig ist, dafür in Fragen der Immigration, Landwirtschaft oder in der Gesundheits­politik andere Schwerpunkte setzt. Kennen wir, oder?

Politprofessor Marc Bühlmann.

Für die Anliegen der Motorradfahrer?

Nun aber konkret, wer setzt sich denn ein für Anliegen der Motorradfahrer? Spezifische Forderungen wie Leitplanken-Unterfahrschütze oder zusätzliche Töffparkplätze werden sich vermutlich in keinem Parteiprogramm finden, und der Wunsch nach weniger Geschwindigkeitskontrollen schon gar nicht. Wobei … im Programm der SVP finden sich immerhin der Verweis auf den „Gebührenterror“, die Forderung, „dass die Auswüchse der Via-sicura-Bestimmungen korrigiert und die Kriminalisierung der Verkehrsteilnehmer beendet werden“ und die Ablehnung von „Tunnelgebühren, Mobility-Pricing, CO2-Abgaben auf Treibstoff, E-Vignette und Erhöhung des Vignettenpreises“. Das klingt in den Ohren vieler Töfffahrer, die meist ja auch Autolenker sind, wohl ganz interessant. Nur, was tun, wenn einem trotzdem anderes an einer Partei bzw. deren Programm missfällt?

Auto eher ein Thema von rechts

Der Politikprofessor wird natürlich keine Wahlempfehlung abgeben. Aber Marc Bühlmann stellt fest, dass das Thema Auto (Töff meist mitgemeint) schon eher im rechten Spektrum auf der Politikskala zu verorten sei. Das sieht er zwar nicht als zwingend, aber dann doch als naheliegend an. So entspreche der Individualverkehr doch eher liberalen Ideen, während der ÖV oder auch die Visionen vom „Teilen statt Besitzen“ linken Idealvorstellungen näherkämen. Ein Weg zu themenspezifischen Tipps wären Empfehlungen entsprechender Verbände. Diese raten nicht zu einer Partei, sondern zur Wahl von Personen. So publizierte Auto-Schweiz, der Verband der Automobil-Importeure, 2011 eine Liste von 227 Kandidierenden für den National- und Ständerat. Viel SVP fand sich darauf, ein wenig FDP und BDP. Intern sind solche Listen meist umstritten, und deren Wirkung nur schwer nachzuweisen. 2019 ist uns aus der Auto- und Töffwelt einzig eine (kurze) Liste von Wahlempfehlungen des Autogewerbeverbands bekannt. Auch dort finden sich vorab SVP-Politiker, Freisinnige sowie drei CVP-Vertreter.

Hilfe für die persönliche Wahlliste

Eine personalisierte Liste lässt sich hingegen auf www.smartvote.ch erstellen. Dazu muss man ein wenig Zeit investieren, um online einen Fragebogen mit den wichtigsten Politthemen auszufüllen. Danach gleicht der Smartvote-Rechner diese Antworten mit jenen der hinterlegten Politikerinnen und Politiker ab (85 Prozent sollen mitgemacht haben) und kann so jene Volksvertreter vorschlagen, die den eigenen Ansichten am besten entsprechen. Letztlich ähnelt die Qual bei der Wahl von Politikern deren späterer Arbeit. Es ist die Suche nach dem bestmöglichen Kompromiss. Frei nach Churchill: Das System der Demokratie ist nicht perfekt, aber noch hat keiner ein besseres erfunden.

Die grössten Schweizer Parteien und ihre politischen Programme in Kurzform

BDP — Salopp formuliert sind die Bürgerlich-Demokraten die «SVP light», verortet im bürgerlichen Spektrum, aber mit Zug zur Mitte. So steht die BDP für eine Verkehrs­politik, die Strasse und Schiene, Auto, Bahn und Bus gleichermassen fördert.

CVP — Die Christlichdemokraten nennen sich die «echte Volkspartei». Sie steht hinter der Energiewende und fordert eine «nachhaltige Klimapolitik mit Köpfchen». Fordert, «dass Rand- und Bergregionen bei einer ­Erhöhung der Treibstoffpreise berücksichtigt werden müssen.»

FDP — Die Freisinnigen haben, angestossen von Präsidentin Petra Gössi, im Wahljahr ­einen (zumindest verbal) deutlichen Schwenk Richtung «grün» gemacht. Stemmt sich ­tendenziell gegen Einschränkungen und Verbote, setzt auf Anreize und technischen Fortschritt.

GLP — Erst im Oktober 2018 haben sich die Grünliberalen erstmals ein Parteiprogramm gegeben. Im Zentrum steht der Klimaschutz, die Wirtschaftsverträglichkeit der Massnahmen hat aber einen höheren Stellenwert als beispielsweise bei den Grünen. Setzt auf eine «ökologische Steuerreform».

Grüne — Wollen den Strassenverkehr im Kampf gegen die Treibhausgasemissionen reduzieren. Priorität haben für die Grünen der öffentliche Verkehr, Velos und der Fussverkehr. Wehren sich entsprechend gegen ­jeden Kapazitätsausbau von Strassen.

SP — Das Parteiprogramm stammt aus dem Jahr 2010. In einem aktuellen Positionspapier fordern die Sozialdemokraten die «Klimasanierung des blinden Flecks Verkehr». Im Bereich Mobilität müsse eine grundlegende Veränderung erfolgen. So sollen spätestens ab 2040 nur noch in ­Ausnahmefällen Verbrennungsmotoren ­zugelassen werden.

SVP — Die Volkspartei will keine Förderung von alternativen Antriebsarten und widersetzt sich dem Verbot von Verbrennungsmotoren. Wehrt sich gegen Verkehrsbussen, die sich mehr am Einnahmenpotenzial als an der Verkehrssicherheit orientieren. Wehrte sich als einzige Partei (ausser GLP und GP, aber aus anderen Gründen) gegen die Erhöhung der Autobahnvignette auf 100 Franken.

 

Text: Daniel Riesen

 

Und hier gibt es zu den Wahlen 2019 noch einen weiteren Parteienüberblick

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