Test: BMW M 1000 R – 210 PS
BMW hat sich zum Power-Exzess hinreissen lassen und mischt mit ihrem neuen M Roadster mit 210 PS die gestandene Hyper-Naked-Konkurrenz gnadenlos auf.
BMW hat aus der M 1000 R die satte 45 PS mehr gekitzelt als aus dem Basismodell S 1000 R . Mit 210 PS stellt sie nominell sogar die Ducati Streetfighter V4 in den Schatten und gibt zumindest am Stammtisch unter den Hyper-Nakeds den Ton an!
Dass der vermeintlich unvernünftige Leistungsprotz dennoch von dieser Welt, problemlos fahrbar und dabei auch noch effizient ist, durften wir an der Presse-Präsentation in Andalusien (E) erleben.
45 PS Leistungszuwachs
Das gab es bei einem strassenzugelassenen Sondermodell wohl noch nie: Eine Leistungssteigerung von 45 PS! Diesen massiven Leistungszuwachs verdankt die M 1000 R dem Einsatz des Vierzylinders mit Shiftcam-Technologie aus der S 1000 RR.
Mit variablen Ventilsteuerzeiten und variablem Ventilhub mobilisiert der Vierzylinder im unteren und mittleren Drehzahlbereich fast so viel Drehmoment wie die Basisversion, dreht mit seinen hohlen Titanventilen aber deutlich höher und entlockt dem 1000er so die gewaltige Highend-Power.
Kürzere Übersetzung
Leistet der S 1000 R-Motor seine 165 PS bei 11 000/min, mobilisiert der Shiftcam-Sportmotor seine 210 PS bei gewaltigen 13 750/min. Weil sich dadurch ein deutlich breiteres nutzbares Drehzahlband ergibt, wurde für die M 1000 R eine kürzere Übersetzung gewählt, was gleichzeitig nochmals für heftigeren Vortrieb sorgt.
M verleiht Flügel
Um dieses Geschoss besser zügeln zu können, ohne dass Unruhe aufkommt, wurde die Sitzposition mit einem flacheren, kaum gekröpften und breiteren Lenker vorderradorientierter.
Die ausladenden, prestigeträchtigen Winglets belasten das Vorderrad zusätzlich und ermöglichen so eine bessere Beschleunigung: 7,2 Sekunden von 0 auf 200 km/h sind für ein Naked-Bike schon heftig. Die Winglets sorgen aber auch für eine höhere Fahrzeugstabilität, zu der natürlich auch der einstellbare Lenkungsdämpfer seinen Teil beiträgt.
Volle Ausstattung
Wie es sich für ein M-Modell gehört ist der M-Roadster natürlich auch bestens ausgestattet: semiaktives Fahrwerk, blau eloxierte M-Bremszangen, eine radiale Bremspumpe, klappbare M-Hebel, Titanschalldämpfer, leichte M-Batterie, geschmiedete Räder, gefräste Gabelbrücke, Keyless-System, Blipper, ABS-Pro mit IMU, Fahrmodi Pro, M-Endurance-Kette etc. – alles serienmässig .
Ritt auf der Kanonenkugel
Ja wie fährt sie sich denn, die M 1000 R? Mit Ehrfurcht installiere ich mich auf dem M-Roadster. Den Körper nach vorn gebeugt und den breiten Lenker gefasst gehen die Ellenbogen automatisch nach aussen, wodurch sich eine sehr fahraktive Haltung ergibt.
An der Küste beginnt das Abenteuer. Der brachiale Vierzylinder lässt sich sehr tieftourig im grossen Gang fahren und beschleunigt dennoch ordentlich. Ausserorts wähle ich dann aber schon kleinere Gänge und werde von der Beschleunigung berauscht. Die Leistungsentfaltung verläuft geradlinig und damit gut beherrschbar – so gut man diese brachiale Power überhaupt beherrschen kann. Immerhin leisten die Traktionskontrolle und Wheeliekontrolle wertvolle Unterstützung dabei.
Präzise aber intensiv
Im Winkelwerk dreht man die M 1000 R kaum über 11 000/min, dreht den Hahn also zu, bevor das ganze Feuerwerk abgefackelt wird. Denn nach der brachialen Beschleunigung muss das Tempo vor der nächsten Kurve ja rechtzeitig wieder vernichtet werden. Hier leisten die M-Bremsen gute Dienste. Sie packen kraftvoll zu und lassen sich mit wenig Kraftaufwand präzise dosieren.
Präzise ist auch das Handling der neusten M. Linienkorrekturen setzt sie jederzeit willig um. Intensiv ist es aber dennoch, die M durchs Winkelwerk zu jagen. Dies aber speziell wegen den happigen Beschleunigungs- und Verzögerungswerten und den dadurch wirkenden Aufstellmomenten.
Noch flinker ginge es sicher mit dem M Competition Paket, das die komplett 1400 g leichteren Carbon Räder, die einstellbare Fussrastenanlage, zahlreiche Carbonteile etc. umfasst, für das aber 6400 Franken Aufpreis fällig werden.
Volle Power auf der Piste
Bei einem Stopp beim Circuit de Almeria hatten wir die Gelegenheit, die Beschleunigung auf abgesperrte Piste voll auszukosten, was in der Schweiz auf der Strasse legal gar nicht möglich ist. Denn die vollen 210 PS drückt die M 1000 R im ersten Gang erst bei knapp 140 km/h ab, sofern die Power nicht von den Assistenzsystemen entschärft wird. Auf der Piste konnten wir der M auch in den grösseren Gängen freien Lauf lassen – der nackte Wahnsinn! Aber begeisternd ist sie schon…
Die M 1000 R wird in der Schweiz übrigens ab Februar für 22 700 Franken erhältlich sein.