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Motorradbranche – solidarisch durch die Krise

Motorradbranche

Seit Montagabend steht praktisch alles still – auch in der Töffbranche. Praktisch – denn trotz der Schliessung der Ladenlokale und Showrooms muss das Leben weitergehen. Viele Händler können es sich schlicht nicht leisten, einfach dicht zu machen. Wir haben uns in der Branche umgehört und sind auf viel Tatendrang und Solidarität gestossen.

Die Schweiz – und praktisch die ganze Welt – steckt in einer Krise, wie wir sie wohl seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr erlebt haben. Natürlich steht dabei an erster Stelle die Gesundheit der Bevölkerung. Es geht darum, Leben zu retten. Die aktuelle Situation und die Massnahmen treffen aber auch die Wirtschaft hart – auch die Motorradbranche. Und doch zeigt sich in Krisenzeiten, dass Menschen sehr innovativ sein können. Das möchten wir zeigen – und unseren Branchenvertretern eine Plattform geben!

 

Auf Facebook und Instagram haben wir Händler, Werkstätten, Bekleidungsläden usw. dazu aufgerufen, sich bei uns zu melden, und uns etwas über ihre aktuelle Situation zu erzählen.

„Werkstatt-Take-Away“

Einer der ersten, der sich gemeldet hat, war Patrick Schumacher von Schumacher Bikes in Dintikon. „Wir haben zwei Eingänge, einen zur Werkstatt und einen zum Showroom, welche wir beide geschlossen haben“, erklärt Patrick.

 

Der Grund dafür liegt für Schumacher auf der Hand: „Wem nützt es denn was, wenn der Ausstellungsraum geschlossen ist, die Kunden jedoch in die Werkstatt ‚trampeln‘ und dann viele den Abstand nicht einhalten?“ Darum bleibt die Türe zu. Wer bedient werden will, betätigt die Klingel, und wird durchs Fenster bedient. Das funktioniere sehr gut erläutert Schumacher: „Die Kunden haben Verständnis dafür und finden es durchwegs eine gute Idee mit dem ‚Werkstatt Take-Away‘.“

 

Auch an die Risikogruppen denkt Patrick: „Wir bieten unseren Kunden, welche zur Risikogruppe gehören, einen Gratis Abhol- und Bringdienst.“ So können auch Personen, die im Moment nicht unter die Leute sollten, ihr Motorrad in den Service geben. Und Schumacher geht die Arbeit nicht so schnell aus.

 

Schumacher Bikes Krisenangebot

Schumacher bedient seine Kunden durchs Fenster: „Im Stil eines Werkstatt-Take-Aways.“

Parkplätze für Spital-Personal

Doch nicht nur um sich selbst und um die Kunden kümmert sich die Motorradbranche. So hat beispielsweise die Hess Motorrad AG bei ihrem Standort „Harley-Davidson Thun“ sieben Parkplätzte für Spital-Personal zur Verfügung gestellt.

 

„Vielen Dank an alle Pfleger/innen, Ärzte und Ärztinnen und alle anderen, die im Moment (und auch sonst immer) einen grossartigen Job machen. Um euch ein wenig zu unterstützen sind wir etwas zusammengerückt. Im Moment stehen sieben Parkplätze für euch bereit“, schreibt die Hess Motorrad AG auf Facebook. Der Standort an der Bernstrasse in Steffisburg ist zu Fuss nur rund zehn Minuten vom Spital Thun entfernt.

Home-Office und Zahlungsverpflichtungen

Und wie wirkt sich die Corona-Krise auf einen Schweizer Motorrad-Importeur aus? Das wollten wir von Freddy Oswald, seines Zeichens Geschäftsführer von Kawasaki Schweiz und ausgewiesener Branchenkenner, wissen.

 

Oswald weist dabei auf den ungünstigen Zeitpunkt für die Motorradbranche hin: „Die Situation trifft die Branche, genau jetzt wo’s los ging – zum dümmst möglichen Zeitpunkt.“ Dazu muss man wissen, dass der allergrösste Teil der neuen Motorräder im Frühling verkauft wird. Deshalb rechnet Oswald mit dem Schlimmsten: „Schwarzmalerei bringt nichts, aber die Auswirkungen sind je nach Importeur, Händler, betroffener  Region, … drastisch bis massiv. Dies wird, wegen Umsatzausfall, bis zum Konkurs einzelner Betriebe führen. Denn, die Vergangenheit belegt, dass Verkaufsverluste im späteren Saisonverlauf nicht eingeholt werden können.“

 

Kawasaki Schweiz selbst hat letzten Montag alle Büro-Mitarbeitenden bis auf eine Person, die jeweils für Unerlässliches im Geschäft auf Pikett ist, ins Home-Office geschickt. Der Werkstattbetrieb beim Importeur wurde auf 50% reduziert, gemacht werde nur noch das Nötigste.

 

Den Händlern werde geraten, sich unbedingt an die Vorgaben des Bundes zu halten. Zudem gibt’s Unterstützung seitens Importeur: „Wir unterstützen unsere Händler bezüglich Zahlungsverpflichtungen. Dies damit sie die notwendigen finanziellen Mittel für Löhne und Mieten sowie andere Fixkosten zur Verfügung haben.“

Online-Verkauf kann nur einen Teil decken

Auch RoadStop 26, ein Motorrad-Bekleidungsgeschäft in Wolhusen LU, ist von der verordneten Schliessung aller Ladenlokale betroffen. Zwar verfügt der RoadStop über einen Online-Shop und wird darüber von Stammkunden, die weiterhin bestellen unterstützt, aber „auffangen können wir den Umsatzverlust damit unmöglich“, so Marcel von RoadStop 26.

 

Mehr Online-Bestellungen, als normalerweise gäbe es indes momentan nicht: „So wie es momentan aussieht, müssen sich viele zuerst an die neue Situation gewöhnen.“ Beim RoadStop ist man nun daran, sich über mögliche kostenfreie Lieferungen und Ähnliches Gedanken zu machen. „Da sind wir momentan dran, da kann ich leider aber noch nicht genau sagen, wie wir das lösen.“

Hertz vermietet 1000 Fahrzeuge zum Selbstkostenpreis

Nicht direkt mit Motorrädern, aber mit der individuellen Mobilität, hat diese schöne Geste des Autovermieters Hertz zu tun. Hertz stellt ab sofort 1000 Fahrzeuge zum Selbskostenpreis zur Verfügung. „Ärzte, Krankenpfleger, Apotheker, Personen aus dem Zivilschutz und der Armee und alle anderen, die jetzt Ausserordentliches leisten, sollen so trotz eingeschränktem Schweizer ÖV-Angebot rechtzeitig und möglichst risikofrei zur Arbeit kommen“, schreibt Hertz in einer Medienmitteilung.

 

Roberto Delvecchio, Director Sales & Marketing: „Wir möchten auf diesem Weg all jenen danken, die in dieser herausfordernden Zeit für uns da sind.“ Wer das Angebot in Anspruch nehmen möchte, kann sich bei Hertz per E-Mail an Competence-center@hertz.ch oder unter der Telefonnummer 044 732 12 07 melden.

Solidarität ist der Schlüssel

Schumacher holt Bikes von Risikopatienten gratis ab, Hess stellt Parkplätze zur Verfügung und Hertz vermietet günstig Fahrzeuge… und natürlich gibt’s noch viele weitere Branchenvertreter, die verschiedene Aktionen rund um Corona geplant haben und durchführen. Wir werden diesen Artikel darum in den kommenden Tagen aktualisieren und bei Bedarf neue Artikel verfassen. Grundsätzlich wird Solidarität in unserer Branche gross geschrieben. Und auf ebendiese Solidarität ihrer Kunden sind nun auch viele kleinere und mittlere Betriebe aus der Motorradbranche dringend angewiesen.

 

Gebt euer Bike in den Service – manche Werkstätten holen es gar bei euch ab –, kauft euren neuen Auspuff beim Händler in der Schweiz, bestellt eure neuen Handschuhe in der Schweiz und, und, und. Mir geht es dabei nicht um Protektionismus, und ich weiss auch, dass es im Ausland häufig günstiger ist, gerade in dieser schwierigen Zeit sind allerdings viele kleine und mittlere Schweizer Betriebe auf eure Unterstützung angewiesen!

 

Und auch wir werden von der aktuellen Krise hart getroffen. Klar, wenn keine Töff verkauft werden dürfen, macht auch niemand Werbung dafür. Und Werbung macht nunmal einen grossen Teil der Finanzierung journalistischer Medien aus. Wie ihr uns unterstützen könnt? Löst ein Abo von Moto Sport Schweiz oder TÖFF – das geht aquí auch ganz einfach online – und ihr erhaltet eure Motorrad-Lektüre von nun an direkt in den Briefkasten.

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