Krummenacher spürte Hände nicht mehr
Randy Krummenacher hatte schon lange mit der Langstrecken-WM geliebäugelt. 2024 ist seine erste volle Saison im Tati-Team. Der Saisonauftakt ist geglückt, doch Krummenacher verrät im Interview: «Ich spürte meine Hände nicht mehr!»
Nach zehn Jahren im Grand Prix-Sport und drei Jahren in der Supersport-WM hat der Supersport-Weltmeister von 2019 per 2024 in die Langstrecken-WM gewechselt. Dies nachdem er zuvor noch ein Jahr in der MotoE-WM Sprintrennen bestritten hatte. «Ich konnte mich nicht damit zurechtfinden, den ganzen Tag zu warten, um sieben Runden zu fahren», erklärt der 34-jährige Zürcher Oberländer.
2023 hatte Krummenacher am Bol d’Or im Tati Team Beringer Racing auf einer Kawasaki Langstrecken-Premiere gefeiert. An den 24-Stunden von Le Mans (F) ist er im April im Tati-Team als Stammfahrer in die WM eingestiegen, diesmal auf Honda.
Wie hat deine erste Saison in der Langstrecken-WM auf dem neuen Motorrad an den 24 Stunden von Le Mans begonnen?
Randy Krummenacher: „Le Mans war ein schwieriges Rennen, aber wir wussten, dass es schwierig werden würde, weil es das erste Rennen mit dem neuen Motorrad war. Man kann viel testen, aber am Ende ist das Rennen die einzige Möglichkeit, wirklich zu sehen, was wir mit dem Motorrad machen müssen. Wir mussten lernen und hatten einige Probleme, aber das ist Teil des Spiels. Die Honda hat grosses Potenzial, doch um dieses Potenzial auszuschöpfen, brauchen wir mehr Tests und Rennen. Das Team arbeitet hart und durch die Erfahrung, die ich aus all den Jahren im Rennsport mitbringe, können wir in Spa einen guten Schritt vorwärts machen.“
In Le Mans war es extrem kalt, besonders nachts. Das war für dich eine neue Erfahrung. Wie schwierig war das für dich?
„Ich wusste, dass es kalt werden würde, aber ich hätte nie erwartet, dass meine Hände schon nach fünf Runden so kalt sein würden, und ich hatte noch weitere 30 Runden zu fahren. Ich hatte in der Nacht zwei Stints, bei denen ich sehr gelitten hatte. Der zweiten Stint war besonders hart. Zurück in der Box, fing ich an zu weinen. Wer mich etwas besser kennt, weiss, dass ich kaum weine, aber ich konnte nicht anders. Die geforderte Konzentration war riesig, wobei ich ignorieren musste, dass ich meine Hände nicht spürte. Ich hatte versucht zu pushen und dennoch stark zu bremsen. Es war sehr schwierig. Ich werde mir für das nächste Mal ein paar Winterhandschuhe besorgen, um besser vorbereitet zu sein.“
Bei den 8 Stunden von Spa in Belgien gibt es vom 6. bis 8. Juni hoffentlich nicht mehr solch extreme Temperaturschwankungen. Bist du schon einmal in Spa gefahren?
„Ich war das letzte Mal mit meinen Eltern dort, als ich etwa vier Jahre alt war. Daran erinnere ich mich noch gut. Gefahren bin ich dort jedoch noch nie. Der erste Tag ohne Streckenkenntnisse wird schwierig, aber ich mag neue Herausforderungen. Es ist eine sehr schnelle Strecke und die liegen mir normalerweise. Zudem sind wir mit der Honda in schnellen Kurven gut aufgestellt. Von daher erwarte ich, dass es etwas einfacher wird als in Le Mans. Ich habe meine Strategie, um mir neue Strecken einzuprägen. Seit vielen Jahren schaue ich mir im Vorfeld Onboard-Videos an, laufe die Strecke ab und präge mir wirklich jede einzelne Kurve ein, sodass ich bereits einiges weiss, wenn ich erstmals mit dem Motorrad auf die Strecke gehe.“
Die letzten beiden Jahre war Spa als 24-Stunden-Rennen ausgetragen worden, 2024 wird ein 8-Stunden-Rennen ausgetragen. Wie wird das deiner Meinung nach aussehen?
„Es wird mein erstes Acht-Stunden-Rennen sein. Ich habe oft darüber nachgedacht, wie es sein würde. Es wird wohl ein extrem schnelles Rennen werden, weil alle noch mehr pushen. Es ist möglich, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt im Rennen aus strategischen Gründen zwei Stints hintereinander absolvieren. Es wird eine völlig neue Erfahrung für mich.“
Was ist das Ziel im Hinblick auf ein Ergebnis?
„Das ist sehr schwer zu sagen. Einige Teams stürzten in Le Mans und wir hatten ein gutes Ergebnis erreicht. Wenn wir in der EWC-Wertung auch ohne Ausfälle den fünften Rang einfahren können, haben wir gegenüber Le Mans einen grossen Schritt gemacht – das ist unser Ziel!“