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Ausdauer und Power: Team Bolliger startet in die Endurance-Saison

Es ist eines der ältesten Töffteams der Schweiz. Seit Jahrzehnten lässt es auf den internationalen Circuits der Langstrecken-WM mächtig Gummi liegen: das Team Bolliger Switzerland aus Ruppoldsried BE. Wir möchten Euch zeigen, was der Schweizer Töfffahrer mit den Farben Grün, Schwarz und der Zahl 8 assoziieren sollte und Euch darüber informieren, wie der offizielle Pirelli-Test von Anfang März 2018 gelaufen ist.
Das Team Bolliger Switzerland gibt es schon seit einigen Jahrzehnten. Jahr für Jahr bezwingen Sie Langstreckenrennen wie das 24-Stunden-Rennen in Le Mans oder das 8-Stunden-Rennen in Suzuka. Immer wieder fahren die Piloten des Teams auf das Podest. Das Team besteht aus rund 25 Köpfen, welche entweder aus der Familie Bolliger stammen oder eng mit ihr befreundet sind. Viele Mitglieder sind bereits seit Jahren dabei. Zudem aus drei Piloten und einer Kawasaki Ninja ZX-10R Endurance. Die Fahrer wechseln sich alle paar Jahre ab. So fuhr auch bereits Roadracer Horst Saiger einige Saisons unter der Flagge der grünen Langstreckenfahrer. Er wird dieses Jahr durch Rookie Robin Mulhauser ersetzt. Dieser war ehemaliger Superstock- und Moto2-Pilot und ist seit Bol d’Or 2017 Teil der Endurance-Rennen. Langstreckenprofi Sébastien Suchet und Roman Stamm vervollständigen das Fahrertrio. Hartnäckigen Endurance-Charakter zeigt vor allem Roman Stamm, welcher bereits seit 13 Jahren die Truppe mit seinem Fahrkönnen unterstützt. Ausdauer und Power werden von Hanspeter Bolliger, Urgestein des Team Bolliger Switzerland vorgelebt. Werfen wir mal ein Auge auf den Chef „Hämpu“, der im Jahr 1975 vom Zweirad-Virus gebissen wurde und seit 1993 als Teamchef unterwegs ist.
Der Hägar der Langstrecke: „Hämpu“

Legendäres "After-Race-Picture" von Hämpu Bolliger auf unserer Titelseite im Jahr 1984.

Die erste und die letzte Rennstunde bei einem Langstreckenrennen sind für «Hämpu» jeweils die schwierigsten, denn nach dem Start zeigt sich, ob das Motorrad funktioniert und in den letzten 60 Rennminuten beten er und sein Team jeweils immer wieder, dass alles hält. Während eines 8-, 12- oder 24-Stunden-Wettkampfs kann alles Mögliche passieren. Sei es, dass der Wettergott verrücktspielt, die Defekthexe zuschlägt oder sich sonst ein Drama abspielt. Falls es zu einem Sturz kommt, ist für «Hämpu» primär wichtig, dass der Fahrer wohlauf ist. Erst dann kommen die bangen Momente, bis das Motorrad zurück an der Box ist und begutachtet werden kann. Der Rest ist Routine, denn für solche Momente haben Bolliger und seine langjährigen Crewmitglieder ein einfaches Rezept namens Erfahrung, die sie sich seit Bestehen des Teams hart erkämpft und viele Opfer dafür in Kauf genommen haben. Erstaunlich ist, dass er sich als kleiner Junge überhaupt nicht für Motorräder interessiert hatte. Erst als Zehnjähriger besuchte er mit einem Schulkollegen ein Rasenrennen in Biel, anstatt in die Kirche zu gehen, um der Sonntagspredigt des Dorfpfarrers zu lauschen. Da hat es ihn gepackt. Seit jenem Tag war für ihn klar: «Ich will Rennfahrer werden.» «Hämpu» bestritt sein erstes Rennen 1975 und seine Langstreckenkarriere startete 1982 auf einer Moko-Suzuki mit einem vorgängigen Werksmotor, den er sich bei Hans Mühlebach besorgt hatte. «Wenn er gange isch, isch er gloffe wie ne More, i de Regel aber halt nöd so lang, da bisch permanent am Schruube gsi.» Zu diesem Zeitpunkt ist das Team Bolliger Switzerland entstanden.
Beim ersten Einsatz in Imola schafft es Hämpu mit Fahrerkollege Peter Bühler auf Rang 10, beim zweiten Rennen in Barcelona schaut gar Platz 7 heraus. Nachdem er als Zehnjähriger dem Virus Motorrad-Rennsport verfallen war, hatte ihn nun auch der Bazillus Endurance gepackt. Die ersten zwei Saisons fährt er zu zweit, Mitte 1983 kommt Hermann Perren dazu, weil Hämpu verletzungsbedingt nicht fahren kann. Später, 1987, haben sie in Zeltweg ein Superrennen, werden aber 15 Minuten vor Schluss mit der brutalen Realität des Endurancesports konfrontiert, als Perren an dritter Stelle mit Motorschaden ausfällt.
So kam zu den Langstreckenrennen das Roadracing hinzu. Die Krönung sollte 1992 kommen: Von den 24-Stunden-Klassikern über die TT, die Northwest 200 und den Ulster-GP bis zu zahlreichen weiteren Rennen – seine Agenda ist ganz schön voll. Er will alles fahren, um Ende Saison im Einklang mit sich selber aufzuhören. Doch nach einem harmlosen Sturz bei einem Training in Monza (I) kommt alles anders. Er bricht sich das Fersenbein rechts und eine Spitalinfektion fesselt ihn monatelang ans Krankenbett, die Amputation droht. So sitzt er erst im Herbst beim Bol d’Or in Le Castellet (F) wieder im Sattel. Er hat sich für dieses Rennen minutiös vorbereitet, hat trainiert und will für sich wissen, ob es noch geht mit Fahren. Obwohl der Fuss noch nicht zufriedenstellend verheilt ist, stimmen die Rundenzeiten. Das ist die Bestätigung für ihn, dass er immer noch zur Liga der Schnellsten gehört. Beim Nachttraining lässt er eine Bombe platzen. Jeder der vier Piloten sollte vier Runden am Stück abspulen, doch Hämpu bleibt fünf Runden draussen. «Hast du die Boxentafel nicht gesehen?», fragen ihn die verdutzten Teamkollegen. «Doch, die habe ich gesehen, aber ich wollte die lange Mistralgerade noch einmal geniessen. Giele, das wars, merci vielmals, ich höre auf als aktiver Rennfahrer», lässt er seine Kameraden wissen, die ihren Ohren nicht trauen. Am nächsten Tag fährt er im zweiten Zeittraining nochmals, um in der Wertung zu sein, damit er schlimmstenfalls als Ersatzfahrer einspringen könnte. Seitdem ist er nie mehr auf einer Rennstrecke gefahren, ausser 2005 in Anneau du Rhin (F), als MSS seine Endurance-Kawasaki mit der Standard ZX-10R verglich.
So ist er Ende 1992 das erste Mal als Teamchef an der Box. «Ich war nach dem Rennen mehr auf der Schnurre, als wenn ich selber gefahren wäre.» Die bange Frage «Hämpu, führst du das Team weiter?» steht im Raum. Er weiss, dass er das nicht alleine stemmen kann, doch seine Freunde, Weggefährten und Sponsoren halten ein weiteres Mal zu Hämpu und ermöglichen ihm, seinen Traum zu leben. Langstreckenrennen sind ein Mannschaftssport, und als Teamchef gilt es, die richtige Kommunikation zu den Rennfahrern und der Boxencrew zu finden. 1998 folgt ein weiterer entscheidender Schritt, als er dank der Hilfe einer Privatperson erstmals seine Motorräder mit Öhlins-Fahrwerkskomponenten ausstatten kann. Da merkt er, es geht weiter vorwärts. Er sollte sich nicht täuschen, denn es folgen Platzierungen ganz weit vorne und im Jahr 2005 reicht es sogar zum Vizeweltmeister. Leider geht dieser Triumph in der Öffentlichkeit ein wenig unter, wird doch in jenem Jahr Thomas Lüthi 125er-Weltmeister. Das Team entwickelt sich stetig weiter und ist heute eine hochqualifizierte Equipe. Viele Mitglieder sind seit Anfangszeiten dabei und jeder weiss, was er zu tun hat. Alles geht Hand in Hand und die Anerkennung für das, was das Team aus dem bernischen Ruppoldsried zu leisten vermag, ist im Fahrerlager sehr hoch. Nicht umsonst hat das Team Bolliger Switzerland in den vergangenen zehn Jahren in der Endurance- WM zwei Vizetitel, zwei dritte und zwei vierte Schlussränge erreicht. (Auszug aus der Ausgabe Moto Sport Schweiz 22/23 vom 9. November 2015).
Die aktuellen Fahrer 2018

Die Bolliger-Piloten 2018: Roman Stamm, Robin Mulhouser und Sébastien Suchet (v. links n. rechts)

 

Der Töff: Kawasaki Ninja ZX-10 R Endurance
Pirellitest in Alcarrás (Spanien) 2018

Anfangs März organisierte Pirelli den ersten offiziellen Reifentest in Spanien. Das Team zog auf der Strecke von Alcarrás diverse Reifen auf und durfte diese ausgiebig testen. Zudem achtete man auf die Einstellungen am Fahrwerk, sowie auf das Verhalten der Maschine im Zusammenhang mit den einzelnen Piloten. Es wurden bereits einige schnelle Zeiten abgehalten und das Fazit nach diesem ersten Weekend ist überaus positiv. Roman Stamm und Robin Mulhouser kannten das Langstreckenmotorrad von Kawasaki bereits. Für Sébastien Suchet waren es die ersten Runden überhaupt auf der Bolliger-Ninja. Das Wetter spielte auch mit: frühlingshafte Temperaturen rundeten das Testtraining ab. Hier ein Video, welches uns direkt von der Teststrecke geschickt wurde:

Die Saisontermine des Team Bolliger Switzerland

Die aktuellen Saisontermine der Nummer 8 findest Du hier.

Text und Bilder: Archiv Moto Sport Schweiz und Team Bolliger Switzerland (Kevin Bolliger). Lest in Zukunft mehr über den Verlauf der Saison in den Ausgaben von Moto Sport Schweiz (Jetzt abonnieren) oder auf unserer Webseite.

 

Revisión general
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