Absatzmarkt: Es könnte schlimmer sein
Während die Schweizer Autobranche bei den Neufahrzeugen aufgrund der Corona-Krise per Ende April einen Absatzrückgang um satte 35 Prozent zu verkraften hat, sieht es bei den Töff mit einem Minus von knapp 20 Prozent weniger schlecht aus.
Dass sich die Corona-Krise und der Lockdown negativ auf den Verkauf von Neufahrzeugen auswirken würden, war so sicher wie das Amen in der Kirche. Inzwischen liegen die April-Zahlen vor, wobei sich ein erstes Bild des bis dato entstandenen Schadens am Absatzmarkt skizzieren lässt. So resultiert bei den Motorrädern ab 50 ccm hierzulande ein Minus von 19 Prozent. Betrachtet man nur die teilweise respektive gänzlich vom Lockdown betroffenen Monate März und April resultiert gar ein Minus von 28,7 Prozent.
Nicht alle gleich stark betroffen
Sicher ist der Lockdown also die wichtigste Ursache für den Absatzrückgang. Die aufgrund der Corona-Epidemie generell und je nach Marktsegment deutlich schlechtere Konsumentenstimmung ist aber auch zu berücksichtigen. Ebenso die Frage der Lieferbarkeit, denn längst nicht alle Hersteller konnten in der Schweiz die Nachfrage nach ihren Modellen befriedigen.
So hätte etwa Ducati – mit einem Minus von knapp 30 Prozent einer der am stärksten betroffenen Hersteller – sicher mehr Einheiten absetzen können, wenn das Werk in Bologna von Mitte März bis zum 27. April die Produktion nicht hätte einstellen müssen. Da Ducati in der Schweiz kein Lager betreibt, die Händler mit Neufahrzeugen und Ersatzteilen also direkt ab Werk in Italien beliefert werden, gab es auch kein Polster, mit dem sich die Lieferengpässe zumindest teilweise hätten abfedern lassen. Jetzt, da die Produktionsbänder wieder angelaufen sind, konzentrieren sich die Italiener primär auf die Fertigung der Modelle Streetfighter V4 und Multistrada 1260 S Grand Tour. Die Auslieferungen an die Kunden sollen noch Anfang Mai starten. Dennoch runzelt man bei Ducati die Stirn, denn die Nachfrage draussen im Markt sei sehr gross.
Kawasaki und Indian im Plus
Anders präsentiert sich die Situation bei Kawasaki. Die Grünen konnten ihre Lager in Härkingen schon früh im Jahr gut bestücken, sodass sie – sicher auch dank des starken Modelljahrgangs 2020 – von Januar bis April gegenüber der Vorjahresperiode sogar ein leichtes Plus verzeichnen konnten (2,8 %). Auch Indian liegt im Plus – mit 10,7 Prozent sogar deutlich. Als primärer Grund wird hier die gute Lieferbarkeit ab den Lagern in der Schweiz und in Belgien angegeben. Den Absatz beflügelt hätten zudem Promotionen, die noch Ende 2019 gestartet wurden. Auch für die nächsten Monate sieht man beim Indian-Importeur Simota keine Lieferprobleme am Horizont.
Mit einem «blauen Auge» ist bis dato BMW Motorrad davongekommen (so auch Triumph; -17,5 %). Denn das Minus von 16,7 Prozent liegt immerhin unter jenem des Gesamtmarktes (-19 %). Zudem konnten die Weissblauen Marktanteile dazugewinnen. Das Werk in Berlin-Spandau war von Ende März bis Ende April zwar geschlossen, man konnte in Dielsdorf jedoch auf komfortable Lagerbestände zurückgreifen, heisst es von offizieller Seite.
Mit einem Minus von 18,4 Prozent besteht auch bei KTM Hoffnung, dass man die Ziele bis Ende Jahr noch erreichen könnte. Mit der Schliessung des Werks in Mattighofen von Mitte März bis Anfang Mai waren gerade die für den Schweizer Markt sehr wichtigen Modellneuheiten 890 Duke R und 1290 Super Duke R nicht bzw. nur sehr begrenzt verfügbar (KTM Schweiz führt hierzulande kein Lager). Die Orangen wollen so schnell wie möglich einen Sonderschichtbetrieb hochfahren, um die Produktionsausfälle rasch zu kompensieren.
Bei Yamaha (-20,1 %) sollen rund 90 Prozent der Nachfrage befriedigt worden sein, heisst es aus Sursee. Einzig die in Frankreich gefertigten Modellneuheiten Ténéré 700 und Tracer 700 waren ab Schliessung des entsprechenden Werks nicht mehr verfügbar. Die Nachfrage sei aber ungebremst hoch, versichert der Importeur hostettler ag.
Nachfrage da, jedoch keine Töff
Mit einem Minus von 30,7 Prozent ist auch Honda stark betroffen. Die Problematik lag hier in erster Linie bei den in Norditalien domizilierten Lagereinrichtungen. Auch wenn die Produktion global soweit ungestört fortgeführt werden konnte, wurden mit der Schliessung der Grenzen zu Italien schlicht auch keine Neufahrzeuge mehr in die Schweiz geliefert. Aus Genf heisst es nun aber, dass die Lieferungen ab Anfang Mai wieder anlaufen, sodass man per Verkaufsladenöffnung am 11. Mai bereit sein wird.
Auch Harley (-34 Prozent) beklagt Schwierigkeiten bei der Verfügbarkeit von Neufahrzeugen, wenngleich die US-Amerikaner ihre Neuheiten bereits letzten Herbst lanciert hatten. Die Nachfrage sei zumindest bis zum Start des Lockdowns gut gewesen, heisst es bei Harley-Davidson Schweiz. Erschwerend kommt für die «Company» hierzulande sicher hinzu, dass die Demo-Bikes – also die Motorräder, die bei den Händlern etwa für Probefahrten bereitstehen – bereits Ende 2019 immatrikuliert wurden und damit in der Statistik 2020 nicht aufgeführt sind. Auch gehört Harley zu jenen Herstellern, die einen wichtigen Teil ihres Absatzes in der Romandie generieren, wo die Händlerstützpunkte teils komplett geschlossen waren.
Apropos Demo-Bikes: Gerade im ersten Trimester ist der Anteil dieser Fahrzeuge bei den Neueinlösungen jeweils beträchtlich. Wir gehen von rund 30 Prozent der Neuimmatrikulationen aus. Würde man diese herausrechnen und so nur die reinen Endkunden-Einlösungen betrachten, wäre das Minus stärker ausgeprägt.
Enlace: Weitere Absatzzahlen.