Kawasaki Z 900 RS Cafe
Die Kawasaki Z 900 RS Cafe basiert auf der Z 900 RS, welche technisch auf der Z 900 basiert und optisch an die Z1 900 von 1972 angelehnt ist. Die Cafe erinnert optisch aber nicht an die Ur-Z1, sondern vielmehr an die Z 1000 R Eddie Lawson Replica von 1982.
Der Retro-Trend ist ungebrochen. Die neuen Töff, die auf alt machen, verkaufen sich nach wie vor wie «warme Weggli». Das hat auf diese Saison hin auch Kawasaki gemerkt und mit der Z 900 RS und der Z 900 RS Cafe gleich zwei Modelle ins Rennen geschickt. Im Retro-Bike-Segment gibt es momentan zwei Herangehensweisen: Die einen lassen alte Formen wieder aufleben, orientieren sich aber nur bedingt an Modellen aus der eigenen Historie, die anderen bauen – zumindest optisch – kaum unterscheidbare Kopien legendärer Bikes aus vergangenen Zeiten. Zur ersten Kategorie könnte man etwa die BMW R nineT oder Yamahas XSR-Bikes zählen. Kawasaki hingegen schlägt klar den zweiten Weg ein. Die Ähnlichkeiten der Z 900 RS mit der ersten Z1 sind unverkennbar und auch die Cafe erinnert mit ihrer Front, dem Bürzel am Heck, der Auspuffanlage und natürlich dem unverkennbaren Grün an ein Bike aus der Geschichte – die Z 1000 R Eddie Lawson Replica. Diese wurde 1982 als Sondermodell der Z 1000 R zu Ehren des zweifachen amerikanischenSuperbike-Meisters gebaut.
Naked als Basis
Konstruktiv basiert die Kawasaki Z 900 RS Cafe aber keineswegs auf einem alten Töff, sondern auf Kawasakis Naked-Bike aus der oberen Mittelklasse, der Z 900. Sie kam 2017 auf den Markt und überzeugte mit ihrem – vor allem im Vergleich mit der Vorgängerin Z 800 – drastisch gesunkenen Gewicht, ihrem wunderbaren Motor und einem Kampfpreis von unter 10 000 Franken. Dieser Motor wurde für die Z 900 RS etwas angepasst und auf weniger Spitzenleistung, dafür mehr Dampf im mittleren Drehzahlbereich getrimmt. Zudem bekamen die Retro-Modelle, im Vergleich zum Naked-Bike, eine Traktionskontrolle spendiert, und der Rahmen wurde in einigen Bereichen ein wenig angepasst.
Retro-Racer?
Das optische Vorbild ist also die Replica einer Sportmaschine und die konstruktive Basis ein sportliches Naked-Bike der Moderne. Dann ist wohl auch die Kawasaki Z 900 RS Cafe ein Sportgerät? Nicht wirklich, zumindest nicht betreffend Sitzposition. Hinter der sportlichen Frontverkleidung befindet sich nämlich kein Stummellenker, sondern ein doch relativ hochgezogener Rohrlenker. Dieser ist zwar etwas weniger hoch und etwas weiter vom Fahrer entfernt als bei der Standard-RS, was eine leicht vorderradorientiertere Sitzposition ergibt, grundsätzlich sitzt man aber auch auf der Cafe sehr aufrecht und bequem. Dies liegt auch am breiten und angenehm gepolsterten Sattel, ebenso wie am – durch die tief montierten Fussrasten – relativ offenen Kniewinkel.
Lass die Funken sprühen
Doch wie sieht es in Bewegung aus? Unsere Testrunde starten wir direkt vor der Redaktion in der Stadt Zürich, ideal also, um die urbanen Fähigkeiten der Kawa zu testen. Und die sind ganz passabel. Das Fahrwerk ist relativ komfortabel abgestimmt, so dass Unebenheiten, Tramschienen, Kanaldeckel und Ähnliches problemlos weggefedert werden. Auch die aufrechte Sitzposition ist hier sehr angenehm. Einzig die relativ harte Gasannahme kann beim Wechsel vom Schiebe- in den Lastbetrieb etwas unangenehm sein.Wir verlassen die Stadt in Richtung Kurvenparadies. Schön, wie der Motor hier turbinenartig hochdreht und auch schon in tiefen Drehzahlen richtig Dampf hat. Angeheizt durch den sportlichen Motor nehme ich denn auch die erste Kurvenkombination relativ zügig in Angriff. Das funktioniert erstmal super, die Kawa lässt sich sehr zielgenau auch auf der Bremse zum Scheitelpunkt dirigieren. Doch dann: Chrrsch. Das war die Fussraste. Und die zweite meldet sich beim Umlegen gleich nach. Das ist nun also der Preis für den angenehmen Kniewinkel. Hinsichtlich der doch relativ eingeschränkten Schräglagenfreiheit kommt der Cafe zugute, dass sie dem Fahrer viel Platz für Bewegung auf dem Bike lässt. So kann ich das Gewicht auf die Innenseite verlagern, um einige Grad Schräglage zu sparen. Ein echter Kurvenräuber wird die Kawa aber auch so nicht.
Kein Leichtgewicht
Dies liegt auch daran, dass die Kawasaki Z 900 RS Cafe sich relativ schwer anfühlt und mit 216 kg auch auf dem Datenblatt kein Leichtgewicht ist. Sie benötigt also etwas mehr Körpereinsatz, um sie von der einen in die andere Schräge zu bringen, als dies andere Bikes tun, dafür zeigt sie sich sehr stabil. Einmal in Schräglage hält sie die Linie ausgezeichnet und lässt sich auch von grobmotorischen Eingriffen nicht aus der Ruhe bringen. Zur flüssigen Fahrt tragen auch die sehr guten Bremsen bei, die mit einem Wort perfekt beschrieben werden können: unspektakulär. Das Verdikt «unspektakulär» ist in anderen Bereichen eher negativ konnotiert, bei den Bremsen eines Töffs ist es ein grosses Lob. Die machen nämlich immer genau das, was man von ihnen erwartet. Sie beissen nicht übermässig hart zu, brauchen aber auch nicht die Handkraft eines professionellen Armdrückathleten, um wirklich zu verzögern. Die volleinstellbare 41-mm-USD-Gabel und das in Vorspannung und Zugstufe einstellbare Zentralfederbein machen durchweg einen guten Job, sind im Basissetup aber eher auf der soften Seite. Das lässt die Fussrasten bei Unebenheiten noch etwas schneller aufsetzen, sorgt aber für bequemeres Kurvensurfen.
Harmonie
Grundsätzlich fühlt sich die Kawa am wohlsten, wenn sie rund gefahren wird. Fahrwerksabstimmung, Ergonomie und Motor laden ein zum harmonischen Kurvensurfen. Wer die Grüne dagegen mit roher Gewalt eine Passstrasse hoch oder runter prügelt, wird wohl nicht glücklich werden. Dafür hat sie für einen so schicken Retro-Töff äusserst gute Langstreckenqualitäten. Der Sattel ist bequem, die Sitzposition angenehm, und am Heck gibt’s sogar Gepäckhaken. Diese sind sehr schlicht gehalten und schaffen so den Spagat zwischen ansprechender Optik und praktischem Nutzen.
Bravo liebe Designer
Apropos Optik: Die wird für die Hauptzielgruppe dieses Bikes wohl an erster Stelle der Prioritätenliste stehen. Und hier hat Kawasaki ganze Arbeit geleistet. Vom auch optisch überzeugenden Vierzylinder über den wertigen Tank und die wunderschönen analogen Rundinstrumente bis zur 4-in-1-Auspuffanlage haben die Designer einen grandiosen Job gemacht. Die Auspuffanlage sticht für mich persönlich besonders heraus und sucht unter den Standardanlagen ihresgleichen. Die Farbe ist hingegen sicherlich Geschmackssache, und die Blinker wollen nicht ganz ins Retro-Konzept passen. Nichtsdestotrotz haben die Japaner mit der Kawasaki Z 900 RS Cafe ein wunderschönes Retro-Bike erschaffen, das technisch absolut auf dem Stand der Zeit ist. Einzig wirklich sportlich orientierte Piloten würden auf einem anderen Retro-Vertreter vielleicht glücklicher. Doch für die rabiate Heizerei wurde die Cafe natürlich auch nicht erschaffen. Da hat Kawasaki andere Gerätschaften im Angebot.