Lärminitiativen sind vom Tisch! Aber …
Die beiden realitätsfremden, die Motorradfahrer als eine Minderheit diskrimierenden Parlamentarischen Initiativen von Gabriela Suter bezüglich Motorradlärm sind vom Tisch. Endgültig. Aber die Diskussion um den Verkehrslärm als Ganzes wird im Winter 2021/22 erst richtig beginnen.
Am 21. Juni wurden in der Kommission des Departementes für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) erneut die beiden im vergangenen Jahr eingereichten parlamentarischen Initiativen 20.443 und 20.444 zum Thema Lärm von Gabriela Suter (SP, Aargau) behandelt. Mit einem für die Zweiradbranche höchst erfreulichem Resultat: Nach einer intensiven geführten Debatte zog Initiantin Suter beide Initiativen, die sich explizit gegen Töfffahrer richteten und unter anderem Fahrverbote in gewissen Regionen für Fahrzeuge mit mehr als 95 dB Standgeräusch sowie umfassende rückwirkende (!) technische Veränderungen an Motorrädern forderten, zurück.
Kommissionsmitglied, SVP-Nationalrat und FMS-Präsident Walter Wobmann schaffte es, alle bürgerlichen Parteien hinter sich zu vereinen. Sie stimmten geschlossen gegen den Inhalt der beiden Initiativen, wonach die Initiantin (und Präsidentin der Schweizer Lärmliga) diese endgültig zurückzog.
Die Quasi-Enteignung von Zehntausenden Besitzern von Motorrädern mit mehr als 95 dB Standgeräusch findet also nicht statt. Wobmann war entsprechend zufrieden: «Es war sehr wichtig, dass sich das Töffvolk und die gesamte Branche ruhig und neutral verhalten haben und nicht mit übereilten, lauten und emotionsgeladenen Aktionen vorgeprescht sind. Das wäre sehr kontraproduktiv gewesen. Wir müssen nun genauso weitermachen, denn erst im kommenden Winter 2021/22 werden wir wissen, gegen was wir uns bezüglich neuer Lärmvorschriften konkret wehren müssen.»
Die Lärmdiskussion beginnt erst
Denn Tatsache ist: Das Thema Lärm ist noch lange nicht vom Tisch. Im Gegenteil: Es geht erst richtig los! Die Kommissionsmotion 20.4339, welche die Anliegen der beiden Initiativen in deutlich abgeschwächter Form zum Inhalt hat, ist nach wie vor aktuell. Sowohl der National- als vor wenigen Wochen auch der Ständerat haben die Motion – die in keiner Form explizit das Motorradvolk im Visier hat – gutgeheissen. Jetzt muss der Bundesrat bzw. die beiden Bundesämter, BAFU und das ASTRA, sich mit dieser Motion befassen und einen entsprechenden Massnahmenkatalog ausarbeiten. Es sollen den beiden Räten wirksame legislative Massnahmen vorgelegt werden, darunter Massnahmen gegen illegal getunte Fahrzeuge, vollzugstaugliche Bestimmungen zur Sanktionierung von übermässig lautem Fahrverhalten sowie einfachere Kontrollmöglichkeiten. Auch die Entwicklung und Verwendung der sogenannten Lärmblitzern soll ins Auge gefasst werden.
Wortlaut der UREK-Kommissionsmotion 20.4339
«Der Bundesrat wird beauftragt, ein Massnahmenpaket zu erarbeiten und dem Parlament entsprechende Gesetzesänderungen vorzulegen, damit übermässige Lärmemissionen im Strassenverkehr einfacher und stärker sanktioniert werden können. Der Bundesrat soll:
1. Massnahmen auf Gesetzes- und Verordnungsstufe ausarbeiten, mit denen die Verwendung von illegalen Bauteilen oder Veränderungen an Fahrzeugen bspw. durch zu laute Ersatzschalldämpfer besser sanktioniert oder eingeschränkt werden können; dabei soll neben höheren Bussen auch der Führerausweisentzug oder die Beschlagnahme des betroffenen Fahrzeugs sowie ein generelles Fahrverbot für besonders laute Fahrzeuge auf gewissen Strecken geprüft werden;
2. die gesetzlichen Bestimmungen so anpassen, dass Lenkerinnen und Lenker von Fahrzeugen, welche übermässigen Lärm verursachen, in Zukunft mit vernünftigem Aufwand zur Rechenschaft gezogen werden können. Zudem soll der Bundesrat die Kantone im Vollzug besser unterstützen;
3. Massnahmen zur Intensivierung der polizeilichen Kontrollen von Verkehrslärm prüfen; dabei soll insbesondere ein Vorgehen analog der Vereinbarung des Bundes mit den kantonalen Polizeien für die Schwerverkehrskontrollen geprüft werden;
4. darlegen, mit welchen Instrumenten der Bund die Vollzugstätigkeit unterstützen kann, insbesondere durch die Entwicklung und den Einsatz von Lärmblitzern, und welche rechtlichen Grundlagen dafür notwendig sind.»