Die Redaktion im Schnee
Es ist Winter, in den Bergen liegt Schnee, und die Pässe sind geschlossen. Wir zeigen, dass diese Jahreszeit auch für uns Töfffahrer kein Grund ist, Trübsal zu blasen.
Die Galaktische moto.ch-Redaktion (GMR) hat sich zwischenzeitlich international schon einen Namen gemacht, wenn es darum geht, Strategien gegen das Töfffahrer-Wintertrübsal-Syndrom zu entwickeln, das nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Galaktischen moto.ch-Redaktion entsprechend benannt wurde. Zur Auffrischung: Das Töfffahrer-Wintertrübsal-Syndrom schlägt insbesondere bei Töfffahrern zu, die während der langen Wintermonate auf ihr liebstes Hobby verzichten müssen und dadurch Gefahr laufen, in eine extreme Trübsal zu verfallen.
Prophylaxe
Auch die im vorliegenden Fall durch die GMR minutiös erarbeitete und durchdachte Strategie wird demnächst am internationalen Kongress gegen das Töfffahrer-Wintertrübsal-Syndrom vorgestellt. Es besteht berechtigterweise Hoffnung, auch mit der jüngsten Strategie gegen das Töfffahrer-Wintertrübsal-Syndrom wieder einen Award abzustauben. Ihr, liebe moto.ch-Leser, sollt aber bereits vorab erfahren, worum es geht, um möglichst noch in diesem Winter die Strategie selbst anzuwenden. Wohlgemerkt: Die Strategien gegen das Töfffahrer-Wintertrübsal-Syndrom dienen auch der Prophylaxe!
Die Vorteile des alpinen Raums
Wir befinden uns in der grundsätzlich glücklichen Lage, im alpinen Raum zu leben, was in der Töffsaison bedeutet, dass uns die legendärsten aller Alpenpässe zu Füssen liegen – etwas, wofür uns viele Töfffahrer auf der Welt beneiden. Die Kehrseite ist freilich der lange Winter. Ein Grund, sich wehrlos und entmutigt dem Töfffahrer-Wintertrübsal-Syndrom auszuliefern? Nein, sicher nicht!
Am Fusse des Klausenpasses
Für unser Vorhaben haben wir uns im Winter 2019/2020 in die Glarner Klausenpass-Region, genau genommen nach Linthal, begeben. Unser Ziel: Braunwald. Das auf 1250 bis 1900 Metern gelegene Skigebiet garantiert selbst bei milden Wintern Schneesicherheit bis weit nach unten.
Fahrkünste auf der Schlittelpiste
Diesmal gilt es, die auf Strasse wie Rennstrecke perfektionierten Fahrkünste auf die Schlittelpiste zu übertragen. Denn wir stellen an uns den Anspruch, alles fahren zu können. Im Winter 2018/2019 stellten wir dies graziös auf Schlittschuhen auf der Kunsteisbahn unter Beweis, diesmal sind moderne Alu-Ausführungen des legendären Davoser-Schlittens unsere Vehikel in die Winter-Glückseligkeit.
Alles eine Frage der Klamotte
Was banal und nach dem absoluten Alltag in Skigebieten klingt, ist das genaue Gegenteil. Denn wir setzen uns nicht etwa im Skianzug oder in Jeans mit Daunenjacke und Bommelmütze auf die Rodel, sondern in der rennstreckentauglichen Lederkombi. Der letzte Feinschliff bleibt dabei individuellen Vorlieben überlassen.
Cross-Stiefel und Cross-Helm
Der Schreibende etwa holt sich die entscheidende Inspiration beim hier nicht mitfahrenden moto.ch-Redaktionskollegen Tobias Kloetzli, der auf eine erfolgreiche Supermoto-Vergangenheit blicken kann: «Schraube deine Füsse am besten in Crossstiefel und gönne deinem Kopf einen Endurohelm mit Crossbrille. So hast du unten absolute Steuergewalt sowie einen tiefen Schwerpunkt und oben die nötige Frischluft für einen klaren Kopf im Racing-Modus.» Beim Umkleiden auf dem Bergbahnparkplatz denke ich mir nochmals «danke, für den Tipp, Tobi», als ich meine Kollegen ihre feinen Rennstiefeli überziehen sehe…
Stärkung in der Bergbeiz
Für noch mehr Pistenhaftung – Braunwald bietet tatsächlich nicht nur einen simplen Schlittelweg, sondern eine echte Piste, die über weite Strecken eine satte Breite aufweist – und vor allem für die Aufnahme der benötigten Energie, geht es nach der bequemen Auffahrt in drei verschiedenen Bähnchen samt Zwischenmarsch erst einmal in die Bergbeiz.
Verdutzte Gesichter
Als wir die Gondelbahn in Ledermontur verlassen und einen freien Tisch – nein, zwei freie Tische – mit all unserer Bagage in Beschlag nehmen, richten sich alle Blicke auf uns. Zu fragen wagt sich niemand, aber in den Köpfen müssen Gedanken herumschwirren wie: «Was machen denn die Idioten da oben im Schnee?», «Die haben sich wohl in der Ausrüstung vergriffen?» oder «Das sind ja absolut Irre, hoffentlich fahren die uns nicht über den Haufen…» Allein, zu beobachten, wie die «normalen» Ski- und Schlittel-Touristen uns mustern, ist die reinste Gaudi.
Braten, Bratwurst und Pommes
Nachdem wir uns mit gewissenhaft leichter Kost, also mit Glarner Netzbraten, Bratwurst und Pommes sowie Cola, Kaffee und Ovo-Schoggi, ausreichend gestärkt haben, geht es los. Die Schlitten sind ausgefasst, und die für den Slalom essenziellen Rivella-Fähnchen von der Bergstation auch (andere Fähnli tun es natürlich auch – je nach Vorbereitung bzw. erwünschter Produktplatzierung).
Verschiedene Challenges
Richtig: Wie auf der Eisbahn stellen wir uns erneut verschiedenen Herausforderungen. Die «Challenges» sind ein entscheidender Punkt bei den Strategien gegen das Töfffahrer-Wintertrübsal-Syndrom. Dabei geht es gar nicht so sehr, darum, wer letztlich gewinnt. Obwohl das unser Chef, Daniele (Donz), stets behauptet – jedenfalls bis es wirklich zur Sache geht.
Warm-up und Start
Vor gespanntem Publikum bringen wir also unsere Schlitten bei der Bergbeiz in Position, setzen unsere Integralhelme auf, ziehen die Handschuhe an und bringen uns in Startposition. Wie auf der Strasse oder der Rennstrecke, geht es zunächst ums Warm-up. Als wir uns mit sämtlichen Funktionen des Schlittens vertraut gemacht haben – der Fairness halber verfügen alle über dasselbe Fabrikat – machen wir wenig später an einer geeigneten Stelle Halt – einer Passage, die weder zu flach noch zu steil sowie breit genug für einen Massenstart ist.
Slalom
Nach dem ersten lenkungsbedingten Schneegestöber im Gesicht und zwischen den Oberschenkeln geht’s gleichsam aufgewärmt wie erfrischt an die erste Disziplin. Wir beginnen gleich mit dem Slalom, was beim Töfffahren dem rasanten Kurven-Flickflack entspricht.
Le-Mans-Massenstart
Diese Challenge wird aber erst durch den Le-Mans-Massenstart zur ultimativen Herausforderung. Also: Schlitten in eine Reihe und fünf Meter dahinter in die Startstellung. «Achtung, fertig, los!», und ich gleite aus dem sagenhaften Sprint, den die Crossboots erlauben, am sanftesten und den meisten Schwung mitnehmend auf die blachenbespannte Sitzfläche des Schlittens. Dies und die perfekte Positionierung des Gefährts sorgen für ein minimales Losbrechmoment an den Kufen und einen optimalen Start. Ohne die kleinste Berührung mit den Kontrahenten wird das erste Fähnchen genommen – die Zieleinfahrt und der erste Punkt sind gesichert.
MotoGP-Kurvendrift
Weiter geht’s mit dem MotoGP-mässigen Kurvendrift. Bei dieser Zwischendisziplin gibt es nicht unbedingt ein «Richtig» oder «Falsch» – beim einen stäubt es mehr vorn am «Lenk-Fuss», beim anderen mehr hinten an der kurvenäusseren Kufe. Der Spass ist sowieso garantiert.
MXGP-Weitsprung
Die nächste echte Challenge ist der Weitsprung à la MXGP. Die perfekte Schanze finden wir am Pistenrand an einer Stelle, die nach unten abfallend ein Tiefschnee-Feld bietet. Erneut starten wir einzeln. Und zwar gleich mehrmals. Erstaunlicherweise ist Patrick (Schpat), der am meisten fahrfertiges Gewicht auf die Waage bringt, derjenige, der reproduzierbar die weitesten Sprünge schafft. Immerhin kann er auf die Skills von seinem Hostettler-Yamaha-Schneetöff-Abenteuer im Winter 2018/2019 zurückgreifen.
Gruppen-Möblete
Donz, der selbsternannte Gesamtsieganwärter, landet, wie schon beim Slalom, mit sichtbar kürzeren und flacheren Sprüngen erneut auf Platz zwei. Allerdings will er seine Wertung zunächst nicht akzeptieren, was zu einer kleinen Diskussion zwischen ihm und unserem Weitsprung-Champ führt, was – natürlich zwingend – in einer den Spass noch steigernden «Gruppen-Möblete» im Tiefschnee (GMIT) endet.
Schlussabfahrt im „Vollgaracho“
Micha, unser Redaktions-Methusalix, wie er sich selbst immer bezeichnet, hat es bisher nur auf die Plätze drei und vier geschafft, ein Einzelsieg steht noch aus. Doch bei der finalen Disziplin, der Schlussabfahrt im beinahe ungebremsten «Vollgaracho», zeigt uns Micha, wo der Barthel den Most holt!
Ohne jedes Assistenzsystem, einzig durch den Einsatz seines Verstandes (inklusive siebtem Sinn) sowie seines geniösen Popometers fährt der moto.ch-Methusalix seinen verdienten Einzelsieg doch noch ein. Im sulzigen Ziel hüpft er von seinem Rodel und bricht in sein unnachahmliches freud- und adrenalinerfülltes Gelächter aus. Und keiner von uns schafft es, sich davon nicht anstecken zu lassen!
Danke, Winter!
Viel mehr zu sagen ist an dieser Stelle nicht. Ausser vielleicht: «Vielen Dank, Winter!» Den Rest erzählen die Bilder.