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Bundesratsentscheid: angemessen oder unfair?

Lockerung des Lockdown: Seit gestern wissen wir, dass die Töffhandler die Verkaufsläden erst ab dem 11. Mai wieder wird öffnen dürfen. Verständlicherweise sorgt dies in der Branche für Unmut.

Dass die Grossverteiler ab dem 27. April ihr gesamtes Sortiment anbieten und etwa Baumärkte sowie auch Gärtnereien wieder regulär öffnen dürfen, ist ein willkommener erster Schritt heraus aus dem Lockdown. Was bedeutet er allerdings für den Detailhandel, zu dem auch die Motorradfachhändler zählen? Weil dieser Bereich erst ab dem 11. Mai den vollständigen (Laden-)Betrieb wieder aufnehmen darf, wurden bereits erste Stimmen laut, die von „der Bundesrat killt das Kleingewerbe“ über „Wettbewerbsverzerrung“ bis hin zu „Bevorzugung der Grossen“ reichen.

 

Zur Erinnerung und Präzisierung: Während in den Werkstätten der Motorradfachbetriebe mit entsprechendem Sicherheitsabstand gearbeitet werden darf und Probefahrten unter Einhaltung der Richtlinien des Bundes erlaubt sind, sind die für den Verkauf von Fahrzeugen sehr wichtigen Ladengeschäfte inzwischen seit rund einem Monat geschlossen. Dieser Bereich der Händlerbetriebe soll nun ab dem 11. Mai wieder geöffnet werden dürfen.

Richtlinien des Bundes auch in Motorradverkaufsgeschäften umsetzbar

Tatsächlich ist die Frage berechtigt, ob eine weitere Verbreitung des Virus in einem grossen Baumarkt nicht wahrscheinlicher ist, als in einem kleinen Fachgeschäft mit einer sicher kleineren Ansammlung von Kunden. Nicht verständlich ist für uns auch die Aussage von Frau Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga anlässlich der abendlichen SRF-Sondersendung im Zusammenhang mit der Öffnung der Gartencenter, es sei doch jetzt Frühling und damit Saison für Gartenarbeiten. Auch die Motorradbranche hat gerade Saison – ja sogar Hochsaison. Da können die beiden Wochen vom 27. April bis zum 11. Mai in Ab- und Umsatz einen enormen Unterschied ausmachen.

Der Töffhelm aus dem Baumarkt

Problematisch dürfte zudem sein, dass die Grossverteiler vom Motorradhelm über die Töffjacke, das Motorenöl, den Kettenspray bis hin zum Roller eine breite Palette an Produkten im Angebot haben und ab dem 27. April auch verkaufen dürfen, die im Fachhandel bis zum 11. Mai hinter geschlossenen Ladentüren verweilen muss. Hier dürfte von Seiten des Branchenverbands schon sehr rasch eine Beschwerde an den Bundesrat eingereicht werden. Gleiches dürfte etwa von den Automobil- und Velo-Branchenverbänden zu erwarten sein. Allerdings dürfte es hier um die Erfolgsaussichten schlecht stehen, denn der Bundesrat stützt sich bei seinen Massnahmen auf seine Notrechtskompetenz gemäss Epidemiegesetz, und da dürfte rechtlich kaum etwas zu machen sein.

Kommentar: Ärgerlich, ja, aber wie schlimm sind zwei Wochen?

Das oberste Gebot ist aktuell ganz klar der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung – insbesondere der Risikogruppen –, und hier leisten Bundesrat, Behörden, Krisenstab und medizinische Einrichtungen wirklich glanzvolle Arbeit. Auch der Bevölkerung gilt ein grosses Lob, hält sie sich doch mit ganz wenigen Ausnahmen an die Richtlinien des Bundes und leistet so den wohl wichtigsten Beitrag zur Eindämmung der Pandemie.

 

Ich bin der Meinung, dass auch die Motorradfachgeschäfte mit einem entsprechenden Sicherheitskonzept ihren Betrieb per 27. April problemlos wieder hätten vollständig aufnehmen können. Und ich hatte es mir fest gewünscht, denn gerade jetzt im Frühling, und erst Recht beim aktuellen Prachtswetter, hätte die Branche zumindest einen Teil des Einbruchs im überlebenswichtigen Hochsaisongeschäft wieder wettmachen können. Nicht zuletzt, weil eine von uns durchgeführte Befragung ergeben hat, dass aktuell durchaus Kaufinteresse vorhanden wäre. Mit Sicherheit werden die beiden Wochen vom 27. April bis zum 11. Mai schmerzhaft sein.

 

Allerdings: Wenn nun die Motorradfachgeschäfte ab dem 27. April hätten öffnen dürfen, hätten dann nicht auch die „Velöler“, die Autofachgeschäfte, die Spielwarenläden, die Bergfachgeschäfte und alle anderen Detailhändler ihren (teilweise sicher berechtigten) Anspruch auf einen regulären Betrieb ab dem 27. April gestellt? Wobei wir faktisch bei der zweiten, für den 11. Mai vorgesehenen Phase der Öffnung wären. Und genau hier will der Bundesrat nichts überstürzen, will verhindern, dass die Infektionskurve wieder ansteigt. Und er will Zeit gewinnen, um essenzielle Informationen und Güter zur Bekämpfung des Virus zu erlangen.

 

Wobei sich natürlich schon die Frage stellt, warum gerade die nun bestimmten Branchenbereiche öffnen dürfen und andere nicht. Oder warum die Öffnung nicht nach Risikopotenzial (etwa Quadratmetergrösse und Einhaltung der Distanzverschriften) sondern nach Branchenzweig vorgenommen wird.

 

Ich glaube nicht, dass Herr und Frau Schweizer Töfffahrer ab dem 27. April in Scharen zu den Grossverteilern rennen werden, um sich dort mit Ausrüstung und Zubehör einzudecken. Dann fährt man halt zwei Wochen länger mit dem bestehenden Helm bzw. der bestehenden Jacke auf seinem Töff. Denn gerade bei der Sicherheitsbekleidung ist kompetente Fachberatung essenziell. Kommt hinzu, dass man Bekleidung – um beim Bespiel zu bleiben – schon jetzt sehr wohl im Fachhandel beziehen kann. Da hat die Branche bereits gute Konzepte erarbeitet. Beispielsweise über telefonische Beratung mit anschliessender Hinterlegung der Bekleidungsstücke vor der Ladentür. Und auch wer einen Töff probefahren und kaufen will, kann dies tun. Und zwar unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen des Bundes. Rufen Sie ihren Händler an, er wird ihnen alles Schritt für Schritt erklären.

 

Und weiter gilt unsere Empfehlung: Wenn Sie auf den Töff steigen, dann seien Sie jetzt extra-vorsichtig. Bringen Sie sich und andere nicht in Gefahr. Jetzt ist die Zeit, in der wir alle Verantwortung übernehmen müssen. Für die Gesellschaft, für uns selber und für die Zukunft von uns allen. Was uns betrifft, verzichten wir privat aufs Motorradfahren und beschränken im Job unsere Testfahrten auf das allernotwendigste.

 

Link: Empfehlungen des Bundes (So schützen wir uns).

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